6. Stellenplanung und Auswahl der Vertragsärzte
Das ASVG sieht vor, dass in den Gesamtverträgen die Festsetzung der Zahl und der örtlichen Verteilung der Vertragsärzte bzw. Vertrags-Gruppenpraxen unter Bedachtnahme auf die regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) geregelt werden. Ziel ist die Sicherung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten und deren Angehörigen im Sinne des ASVG unter Berücksichtigung sämtlicher ambulanter Versorgungsstrukturen, der örtlichen Verhältnisse und der Verkehrsverhältnisse, der Veränderung der Morbidität sowie der Bevölkerungsdichte und -struktur (dynamische Stellenplanung). In der Regel soll den Patienten die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten oder einem Vertragsarzt und einer Vertrags-Gruppenpraxis freigestellt sein.
Im Stellenplan werden demnach im Einvernehmen zwischen Landesärztekammer und Krankenversicherungsträger die Zahl und die örtliche Verteilung der Vertragsarztstellen – aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Fachgruppen – festgelegt. Dieser ist Teil des Gesamtvertrags enthalten.
Das Verfahren, nach dem ein Arzt für eine bestimmte Planstelle ausgewählt wird, ist nach dem ASVG im Gesamtvertrag zu regeln. Die Auswahl eines Vertragsarztes erfolgt im Einvernehmen zwischen der Landesärztekammer und dem zuständigen Krankenversicherungsträger.
Die vom Bundesminister für Gesundheit erlassene Reihungskriterien-Verordnung ist Grundlage für die in den Bundesländern unterschiedlich ausgestalteten Vergaberichtlinien und Punktelisten. Aufgrund dieser Richtlinien findet das Auswahlverfahren statt, wird eine Planstelle an einen Bewerber vergeben und mit diesem ein Einzelvertrag abgeschlossen.
Nach den gesamtvertraglichen Bestimmungen schreiben die Krankenversicherungsträger im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer die freien Vertragsarztstellen in den Mitteilungen der Ärztekammer bzw. auf ihrer Homepage aus. Die Bewerbungsunterlagen sind innerhalb der Ausschreibungsfrist schriftlich bei der jeweiligen Ärztekammer einzureichen. Die Voraussetzungen der Bewerber für die vertragsärztliche Tätigkeit werden von der Ärztekammer überprüft.
Weiters sehen die Gesamtverträge vor, dass die Ärztekammer anschließend die Bewerbungsunterlagen inklusive einer Stellungnahme binnen drei Wochen nach Ablauf der Ausschreibungsfrist an den Krankversicherungsträger weiterleitet und einen begründeten Vorschlag erstattet. Wenn der Versicherungsträger mit dem Vorschlag nicht einverstanden ist, hat er innerhalb von vier Wochen nach Einlangen des Vorschlags der Ärztekammer einen begründeten Gegenvorschlag zu erstatten.
Die Auswahl eines konkreten Arztes für eine freie Vertragsarztstelle bedarf immer des Einvernehmens zwischen Ärztekammer und Krankenversicherungsträger. Kommt innerhalb von zwei Wochen kein Einvernehmen zustande, so entscheidet die Landesschiedskommission auf Antrag einer der Parteien.
Im Muster-GV ist darüber hinaus geregelt, dass angestellte Ambulatoriumsfachärzte einer § 2-Kasse nicht gleichzeitig Vertragsärzte dieses Krankenversicherungsträger sein dürfen. Auch sonstige angestellte Chef- und Kontrollärzte dürfen nicht gleichzeitig Vertragsarzt ihres Versicherungsträgers sein. Dies gilt auch für nicht angestellte Kontrollärzte. Eine Ausnahme von dieser Bestimmung ist wiederum nur im Einvernehmen zwischen Ärztekammer und Krankenversicherungsträger möglich.
Die gesetzliche Aufgabe der Krankenversicherungsträger ist unter anderem die ausreichende ärztliche Versorgung ihrer Versicherten und deren Angehörigen. Aus diesem Grund gibt es auch – wie bereits oben erörtert – den sogenannten Stellenplan. Daher werden freie Vertragsarztstellen immer für ein bestimmtes Gebiet ausgeschrieben und vergeben.
Damit die Verteilung der Vertragsarztstellen nicht einfach unterlaufen werden kann, sehen die Gesamtverträge vor, dass der Vertragsarzt einen beabsichtigten Wechsel seiner Ordinationsstätte der zuständigen Ärztekammer und dem Krankenversicherungsträger schriftlich bekanntzugeben hat. Diese können innerhalb von zwei Wochen Einspruch erheben. Im Falle eines Einspruchs kann der Vertragsarzt einen Antrag zur Entscheidung durch die paritätische Schiedskommission stellen. Wird kein Einspruch erhoben, gilt dies als Zustimmung.
Das bedeutet also, dass der Wechsel der Ordinationsstätte erst zulässig ist, wenn weder die Ärztekammer noch der Krankenversicherungsträger einen Einspruch erhoben haben oder erst, wenn im Einspruchsfall die paritätische Schiedskommission zugestimmt hat.
Eine Verlegung der Ordination innerhalb der selben Gemeinde stellt in der Regel kein Problem dar. Eine Verlegung der Ordination in eine andere Gemeinde, in der unter Umständen die vertragsärztliche Versorgung bereits ausreichend sichergestellt ist, wird dagegen in der Regel nicht genehmigt werden.
Aufgrund des gesetzlichen Versorgungsauftrags der Krankenversicherungsträger sehen die Gesamtverträge Regelungen über die Stellvertretung vor. Jeder Vertragsarzt hat im Falle einer persönlichen Verhinderung der Leistungserbringung für eine Vertretung zu sorgen. Der vertretene Vertragsarzt haftet dabei für die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen durch seinen Vertreter. Für die Vertretung dürfen nur Ärzte desselben Fachgebiets herangezogen werden, der Vertreter muss aber kein Vertragsarzt sein. Mit Zustimmung des Krankenversicherungsträgers kann allerdings von der Bestellung eines Vertreters Abstand genommen werden.
Es bestehen zwei Möglichkeiten wie eine Vertretung geregelt werden kann. Einerseits kann der verhinderte Arzt auf einen oder mehrere umliegende Vertragsärzte zwecks Übernahme der Vertretung verweisen. Empfehlenswert ist jedenfalls dies mit den Kollegen abzuklären und mit entsprechenden Aushängen in und außerhalb der Ordination den Patienten bekannt zu geben. Weiters ist in einem solchen Fall eine Ansage auf dem Telefonanrufbeantworter zu empfehlen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Vertretung so zu regeln, dass ein Arzt in den Ordinationsräumlichkeiten des zu vertretenden Vertragsarztes ordiniert. Der vertretende Arzt wird dadurch nicht zum Vertragsarzt, er behandelt die Patienten nur in Vertretung des abwesenden Arztes. Die Abrechnung mit den Krankenversicherungsträgern erfolgt dabei durch den vertretenen Vertragsarzt und nicht durch dessen Vertreter. Wie bereits erwähnt haftet der Vertretene für die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen wie z.B. der Regelungen über Krankenbesuche oder des Ökonomiegebots.
Nicht einheitlich geregelt sind die Meldepflichten von Vertretungen gegenüber den Krankenversicherungsträgern und der zuständigen Ärztekammer. Dauert allerdings eine Vertretung länger als drei Monate, kann der Krankenversicherungsträger oder die Ärztekammer die weitere Vertretung beeinspruchen. Bei einem einvernehmlichen Einspruch der Vertragsparteien ist der Vertragsarzt verpflichtet, die weitere Vertretung einem Arzt zu übertragen, mit dem der Krankenversicherungsträger und die Ärztekammer einverstanden sind. In den Gesamtverträgen ist darüber hinaus geregelt, dass der Vertragsarzt dieser Verpflichtung innerhalb eines Monats nachkommen muss. Ansonsten gilt dies als Verzicht auf die Fortsetzung des Einzelvertragsverhältnisses. Die herrschende Meinung geht allerdings von der Nichtigkeit dieser Bestimmung aus, da sie dem ASVG widerspricht. Dem Krankenversicherungsträger bliebe allenfalls die Möglichkeit der Kündigung des Einzelvertrags.
Nach dem Ärztegesetz darf jeder Arzt im gesamten Bundesgebiet zwei Berufssitze haben. Von der Möglichkeit eine Zweitordination anzumelden wird auch sehr häufig Gebrauch gemacht. Der Einzelvertrag wird allerdings – wie bereits weiter oben beschrieben – für einen bestimmten Berufssitz bzw. Ordinationsstätte ausgestellt. Die vertragsärztliche Tätigkeit ist daher grundsätzlich auf diesen Standort beschränkt (ausgenommen sind z.B. Krankenbesuche oder Erste Hilfe-Leistungen, die natürlich nicht auf den Ordinationsstandort beschränkt sind).
In der Zweitordination dürfen daher nur Privatleistungen, also Leistungen, die ihrer Art nach keine Krankenbehandlung darstellen, angeboten werden. Die Gesamtverträge in manchen Ländern (z.B. Oberösterreich, Kärnten) sehen allerdings vor, dass Zweitordinationen, in denen Leistungen erbracht werden, die ihrer Art nach Krankenbehandlung im Sinne des Gesamtvertrages darstellen, mit Genehmigung oder Zustimmung von Ärztekammer und Krankenversicherungsträger betrieben werden dürfen. Diese werden demnach oft „genehmigte Zweitordinationen“ genannt. Von dieser Regelung wird vorwiegend in geografisch entlegeneren Gebieten Gebrauch gemacht, wo laut Stellenplan keine Vertragsarztstelle vorgesehen wäre.