1. Apothekengesetz
Das Apothekenwesen in Österreich ist aus öffentlich-rechtlicher Sicht Teil des Gesundheitswesens, was zur Folge hat, dass sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung Bundessache ist. Neben den öffentlichen Apotheken gibt es in Österreich seit jeher auch die ärztliche Hausapotheke als eigene Arzneimittelversorgungsinstitution für die Bevölkerung. Diese österreichspezifische Besonderheit der ärztlichen Hausapotheke ist wesentlich der besonderen Geografie Österreichs geschuldet, weil es seit jeher unmöglich war, die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ausschließlich durch öffentliche Apotheken zu gewährleisten. Deshalb spielt die ärztliche Hausapotheke vor allem im ländlichen Bereich eine ganz entscheidende Rolle, nicht auch zuletzt deshalb, weil ärztliche Hausapotheken die Nachfolge schwierig zu besetzender Kassenstellen oftmals erleichtern und somit dadurch auch für die ländliche Bevölkerung eine medizinisch hochwertige und zugleich wohnortnahe medizinische Versorgung gewährleistet werden kann.
1.1. Ärztliche Hausapotheken
Bis zur Novellierung des Apothekengesetzes im Jahr 2006 wurde die ärztliche Hausapotheke gegenüber der öffentlichen Apotheke als eine subsidiäre Versorgungsinstitution aufgefasst. Dies bedeutete, dass die öffentliche Apotheke prinzipiell Vorrang gegenüber der ärztlichen Hausapotheke genoss und ärztliche Hausapotheken nur dort vorgesehen waren, wo aufgrund einer nicht zumutbaren Entfernung zur nächsten öffentlichen Apotheke Arzneimittel aus dieser nicht besorgt werden konnten. Durch die Novellierung des Apothekengesetzes wurde das duale Arzneimittelversorgungssystem eingeführt, was bedeutet, dass die Arzneimittelversorgung in den Ballungsräumen durch öffentliche Apotheken und in den ländlichen Gebieten durch die Hausapotheken erfolgen soll. Der Vorrang der Hausapotheke in den ländlichen Gebieten wird durch den im Apothekengesetz verankerten Grundsatz der Ein-Arzt-Gemeinde untermauert, weil dieser eindeutig normiert, dass die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch eine ärztliche Hausapotheke zu erfolgen hat, wenn es sich um eine Gemeinde handelt, in der weniger als zwei Vertragsstellen oder nur eine Vertragsgruppenpraxis, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen entspricht, existieren.
Nach den Bestimmungen des Apothekengesetzes kann die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nur einem Arzt für Allgemeinmedizin erteilt werden. Niedergelassene Fachärzte sind somit von der Erteilung einer Hausapothekenbewilligung ausgeschlossen. Im Gegensatz zur Rechtslage vor der Novellierung des Apothekengesetzes im Jahr 2006 muss nunmehr der niedergelassene Arzt für Allgemeinmedizin in einem aufrechten Vertragsverhältnis zu einem § 2-Krankenversicherungsträger stehen, sofern ein Gesamtvertrag im Sinne des ASVG besteht.
Einer ärztlichen Gruppenpraxis (als Gesellschaft) kann keine Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke erteilt werden, sondern immer nur dem jeweiligen Arzt für Allgemeinmedizin. Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist ein dem Arzt persönlich verliehenes Recht, eine derart erteilte Bewilligung berechtigt somit ausschließlich den Arzt zur Abgabe von Arzneimitteln an die Patienten. Es müssen somit alle Ärzte, die an der Gruppenpraxis beteiligt sind, über eine eigene individuelle Hausapothekenbewilligung verfügen, um rechtmäßig Arzneimittel aus der Hausapotheke abgeben zu dürfen.
Neben dem notwendigen Vertragsverhältnis zu einem § 2-Krankenversicherungsträger müssen für die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke noch folgende zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
► Es darf sich in der Gemeinde, in der der Arzt für Allgemeinmedizin seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befinden und
► der Berufssitz des Arztes für Allgemeinmedizin muss von der Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als sechs bzw. im Falle einer „Nachfolge“ – wenn also bereits der Vorgänger über eine Hausapothekenbewilligung verfügt (hat) – mindestens vier Straßenkilometer entfernt sein.
Dabei kommen nur ganzjährig befahrbare Straßen in Betracht, das heißt, etwaige Feldwege und dergleichen, die im Winter nicht geräumt werden und somit nicht befahrbar sind, bleiben bei der Prüfung der gesetzlich festgelegten Mindestentfernung von vier bzw. sechs Straßenkilometern außer Betracht. Sollten der Hin- und Rückweg zwischen der Hausapotheke und der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke aufgrund besonderer Verkehrsgegebenheiten (Kreisverkehre, Einbahnregelungen und dergleichen) unterschiedlich lang sein, ist für die gesetzlich vorgesehene Mindestentfernung von vier bzw. sechs Straßenkilometern der Mittelwert zwischen Hin- und Rückweg heranzuziehen. Etwaige im Umkreis bereits bestehende ärztliche Hausapotheken spielen bei der Prüfung eines Antrags auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke insofern keine Rolle, weil die Befriedigung des Bedürfnisses nach einer Abgabestelle von Heilmitteln durch eine bereits vorhandene ärztliche Hausapotheke bei Behandlung eines Ansuchens um Bewilligung einer weiteren ärztlichen Hausapotheke nicht in Betracht zu ziehen ist.
Mit der Novelle des Apothekengesetzes im Jahr 2016 wurde die „Nachfolgeregelung“ wieder eingeführt, welche für den Nachfolger eines hausapothekenführenden Arzt anstatt der sechs nur vier Straßenkilometer Mindestabstand zur nächst gelegenen öffentlichen Apotheke vorsieht. Als Nachfolger gilt dabei jeder Arzt, der die Planstelle eines Arztes für Allgemeinmedizin mit Hausapothekenbewilligung nach dem 30. April 2015 angetreten hat.
Ausgehend von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) darf bei zwei Berufssitzen im Sinne des Ärztegesetzes die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nur für jenen Berufssitz erfolgen, an dem das Übergewicht ärztlicher Tätigkeit entfaltet wird. In dieser Frage können die verbindlich festgesetzten Ordinationszeiten ein taugliches Indiz bilden, solange sich nicht sachverhaltsbezogen ergibt, dass die Ordinationszeiten willkürlich und nicht der Zahl der behandelten Patienten entsprechend gewählt worden sind. Letzten Endes kommt es jedoch auf die Patientenzahl an. Eine Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke für die Zweitordination ist somit ausgeschlossen.
Gemäß Apothekengesetz erlischt bei Verlegung des Berufssitzes in eine andere Gemeinde die für den vorigen Berufssitz erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke. Dies hat zur Folge, dass bei Verlegung des Berufssitzes in eine andere Gemeinde die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke neuerlich bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu beantragen ist. Aus den Bestimmungen des Apothekengesetz ergibt sich allerdings im Umkehrschluss auch, dass die Verlegung einer ärztlichen Hausapotheke durch ein und denselben Arzt innerhalb derselben Ortschaft nach dem Apothekengesetz bewilligungsfrei ist, sofern die konkret in Betracht kommenden Entfernungen von sechs bzw. vier Straßenkilometern von der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke beachtet werden.
Hausapothekenführende Ärzte dürfen die benötigten Arzneimittel und die zur Einrichtung und Ergänzung erforderlichen Drogen, chemischen und pharmazeutischen Präparate ausschließlich aus einer öffentlichen Apotheke im Europäischen Wirtschaftsraum beziehen. In der Praxis werden die hausapothekenführenden Ärzte in erster Linie von so genannten Lieferapotheken, darunter versteht man Großhändler mit entsprechender Apothekenkonzession, versorgt. Gemäß den Bestimmungen der Apothekenbetriebsordnung sind seitens des hausapothekenführenden Arztes über den Bezug von Arzneispezialitäten, magistralen Zubereitungen, Urtinkturen, Dilutionen, Rezepturbasen und Salbengrundlagen Aufzeichnungen dahingehend zu führen, aus denen die Lieferapotheke, das Lieferdatum, die Liefermenge und bei magistralen Zubereitungen das Herstellungsdatum ermittelt werden können.
Ausgehend von einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist zwar nach wie vor der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Medikamenten verboten, im Gegenzug können allerdings Medikamente, welche der Rezeptpflicht nicht unterliegen, auch von hausapothekenführenden Ärzten via Internet-Versandhandel bezogen werden und an die Patienten abgegeben werden. Trotz alledem birgt diese Art des Vertriebes doch einige Gefahren in sich, weil auch immer wieder unseriöse Anbieter nicht zugelassene, bereits aus dem Verkehr gezogene oder sogar gefälschte Arzneimittel im Internet zum Verkauf anbieten. Darüber hinaus sind auch vielfach die vorschriftsmäßige Lagerung und der sachgerechte Transport der Arzneimittel nicht gesichert, was insbesondere bei licht- oder wärmeempfindlichen Präparaten erhebliche Auswirkungen auf deren Wirksamkeit haben kann.
Die ärztliche Hausapotheke ist vom Arzt für Allgemeinmedizin persönlich zu führen. Die Arzneimittelabgabe darf ausschließlich durch den hausapothekenführenden Arzt selbst erfolgen. Hilfskräfte (Ordinationsgehilfinnen und dergleichen) dürfen somit zur Arzneimittelabgabe nicht herangezogen werden.
Eine ärztliche Hausapotheke muss mindestens einen Raum zur Lagerung und Abgabe von Arzneimitteln aufweisen, eine Aufbewahrung der Arzneimittel außerhalb der ärztlichen Hausapotheke ist nicht zulässig. Dieser Raum sowie allenfalls vorhandene weitere Räume der ärztlichen Hausapotheke dürfen zu anderen Zwecken nicht verwendet werden. Die Gesamtfläche der ärztlichen Hausapotheke hat dem Versorgungsumfang zu entsprechen. Die Einrichtung muss so beschaffen sein, dass eine ordnungsgemäße Lagerung und Abgabe von Arzneimitteln gewährleistet sind, wobei besondere Lagervorschriften einzuhalten sind. Darüber hinaus muss in einer ärztlichen Hausapotheke ein geeigneter Arbeitsplatz, dafür geeignete Geräte und Behelfe und ein Waschplatz mit fließendem Warm- und Kaltwasser vorhanden sein, sofern der hausapothekenführende Arzt eigenhändig im Einzelfall für die eigenen Patienten aus einer Urtinktur oder Dilution eine homöopathische Dilution für die orale Anwendung anfertigt oder eine in Österreich zugelassenen Arzneispezialität für die dermale Applikation mit einer Salbengrundlage oder Rezepturbasis homogen vermischt und zur dermalen Anwendung abgibt. Weiters ist für eine ausreichende Belüftung Vorsorge zu treffen. Die genannten baulichen Voraussetzungen haben selbstverständlich dem Stand von Wissenschaft und Technik zu entsprechen.
Neben den baulichen Voraussetzungen müssen im Bereich einer ärztlichen Hausapotheke ein Telefon, ein Telefaxgerät und ein netzunabhängiger Rundfunkempfänger zum Empfang wichtiger Informationen vorhanden sein. Diese Geräte müssen ständig funktionsfähig sein.
In einer ärztlichen Hausapotheke müssen die jeweils geltende Ausgabe des Arzneibuches, die letztgültige Fassung der „Austria Codex-Fachinformation“, eine Aufzeichnung der behördlich genehmigten Preise der Arzneimittel, der aktuelle Erstattungskodex (EKO) und eine geordnete Sammlung der die jeweilige ärztliche Hausapotheke betreffenden behördlichen Verfügungen in Urschrift oder Abschrift vorhanden sein. Es ist auch zulässig, diese Unterlagen und Nachschlagewerke mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung oder Datendienste sicher abrufbar zu halten.
Gemäß den Bestimmungen der Apothekenbetriebsordnung ist eine ärztliche Hausapotheke auf dem Ordinationsschild durch den Zusatz „Ärztliche Hausapotheke“ ersichtlich zu machen. Diese Information für die Patientenschaft ist sicherlich eine positive Werbung für den Arzt, wird doch die Führung einer ärztlichen Hausapotheke berechtigterweise nach wie vor seitens der Patienten als zusätzliches Service gerne in Anspruch genommen.
Eine ärztliche Hausapotheke berechtigt einen Arzt grundsätzlich zur Verabreichung von Arzneimitteln an die in seiner Behandlung stehenden Personen. Eine Verabreichung von Arzneimitteln auf Grund der Verordnung eines anderen Arztes ist nur in Ausnahmefällen zulässig, nämlich dann, wenn die verordneten Arzneimittel aus einer öffentlichen Apotheke nicht mehr rechtzeitig beschafft werden könnten. Zu beachten ist allerdings, dass die Verabreichung von Arzneimitteln am Ort einer öffentlichen Apotheke und im Umkreis von vier Straßenkilometern, gemessen von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke, prinzipiell nicht zulässig ist. Für innerhalb des Umkreises von vier Straßenkilometern rechtmäßig bestehende ärztliche Hausapotheken gilt nur das Verbot der Abgabe von Arzneimitteln bei Behandlung an dem Ort, an dem eine öffentliche Apotheke vorhanden ist.
Grundsätzliche Voraussetzung für die Rücknahme einer Hausapothekenbewilligung ist die Konzessionserteilung für eine öffentliche Apotheke in entsprechender Nähe zum hausapothekenführenden Arzt. Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist dann zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen dem Ordinationssitz und der Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke maximal vier Straßenkilometer beträgt und es sich um eine Gemeinde handelt, in der mindestens zwei Vertragsstellen für Allgemeinmedizin bzw. eine Gruppenpraxis, die versorgungswirksam mehr als eineinhalb besetzten Vertragsstellen für Allgemeinmedizin entspricht, besetzt sind/ist. Kein Kriterium im Verfahren über die Zurücknahme einer ärztlichen Hausapotheke ist, ob der Arzt durch die Zurücknahme der erteilten Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke in seiner Existenz gefährdet ist.
Hinsichtlich der Rücknahme von ärztlichen Hausapotheken sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:
a.) Handelt es sich um eine Gemeinde, in der nur ein hausapothekenführender Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag niedergelassen ist, kann einer öffentlichen Apotheke in dieser Gemeinde mangels Bedarf im Sinne des Apothekengesetzes keine Konzession erteilt werden. Selbst wenn im Umkreis von vier Straßenkilometern einer öffentlichen Apotheke die Konzession erteilt werden sollte, kann dem hausapothekenführenden Arzt die Hausapothekenbewilligung nicht genommen werden. Problematisch wird es lediglich für einen möglichen Nachfolger, dem, sofern der von ihm in Aussicht genommene Berufssitz weniger als vier Straßenkilometer von der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke entfernt ist, eine Hausapothekenbewilligung nicht erteilt werden kann.
b.) Handelt es sich hingegen um eine Gemeinde, in der zwei oder mehr Ärzte für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag niedergelassen sind, kann einer öffentlichen Apotheke die Konzession erteilt werden, wenn einerseits die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte und der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke mehr als 500 Meter beträgt und wenn andererseits durch die Neuerrichtung das Versorgungspotential der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke(n) nicht unter 5.500 Personen geschmälert wird. Davon kann bei Vorliegen bestimmter örtlicher Verhältnisse im Interesse der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung allerdings abgegangen werden. Die Konzessionserteilung für eine öffentliche Apotheke führt in einer Gemeinde, in der zwei oder mehr hausapothekenführende Ärzte für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag niedergelassen sind, auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke zur Rücknahme der Hausapothekenbewilligungen drei Jahre nach Rechtskraft des Konzessionsbescheides für die öffentliche Apotheke bzw. mit Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke, wenn die öffentliche Apotheke erst später in Betrieb genommen wird.
Das Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes (bspw. durch ein entsprechendes Disziplinarerkenntnis, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist) hat auch das Erlöschen der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zu Folge. Bei Streichung aus der Ärzteliste verliert somit ein Arzt für Allgemeinmedizin ex lege seine Hausapothekenbewilligung.
Ein aufrechter Kassenvertrag eines Arztes für Allgemeinmedizin ist zwar für die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke wesentliche Voraussetzung, grundsätzlich nicht aber für die Weiterführung dieser, weil die Kündigung des Kassenvertrages (durch den Krankenversicherungsträger) nicht automatisch zur Streichung aus der Ärzteliste führen muss. Umgekehrt begründet die Kündigung bzw. freiwillige Zurücklegung des Kassenvertrags durch den Arzt selbst keine rechtmäßige Zurücknahme der ihm erteilten Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.
Nein, im Zuge der Einführung des 1. Verwaltungsgerichts-Anpassungsgesetzes wurde auf Tendenzen etwaiger Gemeindezusammenlegungen insofern reagiert, als für die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke als auch für die Rücknahme einer solchen der jeweilige Gemeindestatus vom 29. März 2006 heranzuziehen ist. Etwaige Zusammenlegungen, die nach dem 29. März 2006 umgesetzt wurden bzw. werden, finden somit aus apothekenrechtlicher Sicht keine Berücksichtigung.
Wird der Betrieb einer ärztlichen Hausapotheke eingestellt, ist der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke verpflichtet, die nach den jeweils geltenden arzneimittelrechtlichen Vorschriften verwendungsfähigen Vorräte der ärztlichen Hausapotheke auf Begehren des Arztes abzulösen. Es müssen allerdings nur jene Arzneimittel, die eine öffentliche Apotheke vorrätig halten muss, und nur jene Mengen, die dem voraussichtlichen Betriebsumfang der neu errichteten öffentlichen Apotheke entsprechen, abgelöst werden. Sollte über den Preis der abzulösenden Arzneimittel keine Einigung erzielt werden können, ist über Ansuchen eines Beteiligten von jener Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bezirk die ärztliche Hausapotheke gelegen ist, eine Schätzung der brauchbaren Vorräte der Hausapotheke anzuordnen. Der Schätzung der Vorräte aus der Hausapotheke sind die Marktpreise zu Grunde zu legen. Die Schätzung erfolgt unter der Leitung eines Vertreters der Behörde durch zwei Sachverständige, die Inhaber der öffentlichen Apotheke und der ärztlichen Hausapotheke sind dabei beizuziehen. Wenn allerdings über den Umfang der abzulösenden Arzneimittel bzw. über die Ablösebedingungen Streit besteht, sind die Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.
Über die Ansuchen um Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke entscheidet diejenige Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft) mittels Bescheid, in deren Verwaltungsgebiet sich der Berufssitz des um die Hausapothekenbewilligung ansuchenden Arztes für Allgemeinmedizin befindet. Gegen diesen Bescheid kann Beschwerde an das jeweilige Landesverwaltungsgericht erhoben werden.
1.2. Öffentliche Apotheken
Die Konzession für eine öffentliche Apotheke kann erteilt werden, wenn in der jeweiligen Gemeinde mindestens zwei Vertragsstellen (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden
öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke mehr als 500 Meter beträgt und sich in Folge der Neuerrichtung die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken zu versorgenden Personen nicht verringert und nicht unter 5.500 Personen betragen wird. Was letztere Voraussetzung betrifft, ist festzuhalten, dass, wenngleich durch die aktuelle Judikatur des Europäischen Gerichtshofes die starre Bedarfsgrenze von 5.500 zu versorgenden Personen ganz generell, d. h. auch für die in § 10 Abs 6a Apothekengesetz normierte Ausnahme für ländliche und abgelegene Regionen, nicht mehr als starres Beurteilungskriterium Anwendung findet, dies nicht bedeutet, dass die Grenze von 5.500 zu versorgenden Personen nicht weiterhin gewissermaßen als Gradmesser für die Bedarfsfrage dienen darf. Wie auch aus dem Erlass des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen vom 7. Juli 2016 eindeutig hervorgeht, ist nunmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung eine Unterschreitung der Grenze von 5.500 zu versorgenden Personen gebietet.
Bei der Messung der 500-Meter-Entfernung kommt es nicht auf die Luftlinie, sondern auf den Fußweg an. Ausgehend vom Verwaltungsgerichtshof hat die Messung der Entfernung grundsätzlich in der Mitte der Verkehrsflächen zu erfolgen. Weiters ist die 500-Meter-Entfernung nicht zwischen den Gebäudegrenzen, in denen sich die Betriebsstätten der neu zu errichtenden und der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke befinden, zu messen, sondern zwischen den beiden Betriebsstätten, das heißt, zwischen jenen Räumlichkeiten, die dem Betrieb der jeweiligen Apotheke dienen.
Unter dem Personenkreis einer bestehenden öffentlichen Apotheke, der sich durch Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke nicht verringern und unter 5.500 herabgesenkt werden darf, werden die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern (4-Kilometer-Polygon) von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke verstanden, die aufgrund der örtlichen Verhältnisse weiterhin von dieser bereits bestehenden Apotheke zu versorgen sein werden. Eine Aufteilung der ständigen Einwohner eines 4-Kilometer-Polygons kommt dann in Betracht, wenn sich die 4-Kilometer-Polygone verschiedener öffentlicher Apotheken überschneiden. Entscheidendes Kriterium bei der Zuordnung der ständigen Einwohner im Überschneidungsbereich von 4-Kilometer-Polygonen verschiedener Apotheken ist die räumliche Nähe und die leichtere Erreichbarkeit, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Im Zweifelsfall ist eine konkrete Zuordnung der in bestimmten Straßenzügen und Häusern wohnhaften Bevölkerung zum Versorgungspotential einer bestehenden öffentlichen Apotheke vorzunehmen. Ergibt sich die für eine bestehende öffentliche Apotheke kritische Zahl von 5.500 zu versorgenden Personen nicht aus den ständigen Einwohnern des 4-Kilometer-Polygons, so sind bei der Bedarfsfeststellung auch die aufgrund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen zu berücksichtigen. Eine nicht unwesentliche Rolle können dabei die Auspendler spielen, diese sind nicht ohne weiteres den ständigen Einwohnern gleichzuhalten, vor allem Auspendler, die zu den „Nichttagespendlern“ zählen, können nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht den ständigen Einwohnern zugerechnet werden. Bei der „Inanspruchnahme von Einrichtungen“ kommen unter anderem Schulen, Heime und Erziehungsanstalten in Betracht. Bei der Bedarfsbeurteilung grundsätzlich nicht heranzuziehen sind Fremdennächtigungen, außer es handelt sich um ausgesprochene Fremdenverkehrszentren. Ebenso wenig stellen in einer Krankenanstalt stationär behandelte Patienten und Besucher einer Krankenanstalt ein quantifizierbares Versorgungspotential dar, lediglich ambulant behandelte Personen einer Krankenanstalt können bei der Bedarfsprüfung berücksichtigt werden. Auch Arztordinationen kommen als Einflutungserreger nicht in Betracht, da nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Lage der ärztlichen Berufssitze als Indikator für die Prognose des voraussichtlichen Kundenverlustes einer bestehenden Apotheke grundsätzlich ungeeignet erscheint.
In Österreich ist für die Ausübung des Berufs des Apothekers eine allgemeine Berufsberechtigung erforderlich. Diese ist gegeben, wenn das staatliche Apothekerdiplom oder ein anerkannter Ausbildungsnachweis, die Zuverlässigkeit und die erforderlichen Deutschkenntnisse vorliegen. Darüber hinaus bedarf es zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke neben der allgemeinen Berufsberechtigung als Apotheker unter anderem auch noch der vollen Geschäftsfähigkeit, der Verlässlichkeit und der gesundheitlichen Eignung. Bei der Prüfung der Verlässlichkeit ist ein aktueller Strafregisterauszug vorzulegen, weiters holt die Behörde eine Stellungnahme zur Verlässlichkeit des Konzessionswerbers bei der Österreichischen Apothekerkammer ein. Dabei kommt es vor allem auf allfällige disziplinarrechtliche Verurteilungen an. Die gesundheitliche Eignung ist seitens des Konzessionswerbers durch ein amtsärztliches Zeugnis nachzuweisen. Apotheker mit allgemeiner Berufsberechtigung und beruflicher Tätigkeit in einer österreichischen Apotheke haben bei der Apothekerkammer die Ausstellung des Apothekerausweises zu beantragen.
Der Inhaber sowie der verantwortliche Leiter einer öffentlichen Apotheke sind verpflichtet, den Betrieb der Apotheke ununterbrochen aufrecht zu erhalten. Sollte der Betrieb einer öffentlichen Apotheke entgegen den bestehenden Vorschriften unterbrochen oder eingestellt werden, so kann die Behörde den Betrieb einem verantwortlichen Leiter oder Stellvertreter für Rechnung des Inhabers übertragen, sofern die Aufrechterhaltung des Betriebs durchführbar und mit Rücksicht auf das Bedürfnis der Bevölkerung wünschenswert ist. Da diese gesetzlich statuierte Betriebspflicht das Recht zum Betrieb einer Apotheke voraussetzt, erlischt sie mit dem Wegfall der Apothekenkonzession.
Da ein Konzessionsbescheid für eine öffentliche Apotheke mit einer Standortbestimmung (Gemeinde, Ortschaft, Stadtbezirk oder Teil eines solchen Gebietes) verbunden ist, entfaltet ein Konzessionsbescheid demnach auch nur für einen Standort seine Geltung. Mittels Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer kann allerdings eine öffentliche Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes, worunter eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu verstehen ist, verlegt werden. Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke außerhalb des im Konzessionsbescheid festgelegten Standortes bedarf einer entsprechenden Bewilligung durch die Bezirksverwaltungsbehörde. Mit der Bewilligung einer solchen Verlegung ist gleichzeitig der bisherige Standort zu ändern, entweder durch Erweiterung oder Neufestsetzung des Standortes. Bedingung für die Zulässigkeit einer solchen Verlegung ist allerdings das Vorliegen der Voraussetzungen hinsichtlich des Bedarfs nach dem Apothekengesetz sowie eine bessere Bedarfsbefriedigung des Gebietes vom neuen Standort aus.
Dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke ist die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke für eine Ortschaft, in der sich weder eine öffentliche Apotheke noch eine ärztliche Hausapotheke befindet, zu erteilen. Diese Ortschaft darf allerdings nicht mehr als vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt sein. Es muss darüber hinaus für die Bewilligung einer Filialapotheke auch der Bedarf nach einer Verabreichungsstelle von Arzneimitteln bestehen. Die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke setzt allerdings den tatsächlichen Betrieb einer öffentlichen Apotheke voraus, das Bestehen der Konzession allein ist nicht ausreichend. Da es sich bei einer Filialapotheke um keine öffentliche Apotheke im eigentlichen Sinn handelt, hat das Bestehen bzw. die Inbetriebnahme einer Filialapotheke auch keine Auswirkungen im Verfahren über die Bewilligung bzw. Zurücknahme einer ärztlichen Hausapotheke. Im Hinblick darauf, dass laut Verwaltungsgerichtshof einer Filialapotheke im Verhältnis zu den öffentlichen Apotheken lediglich "Surrogatfunktion" zukommt, ist im Falle der Konkurrenz zwischen dem Antrag um die Apothekenkonzession und jenem um die Filialapothekenbewilligung (in der Gemeinde des in Aussicht genommenen Standortes der öffentlichen Apotheke) der Errichtung der öffentlichen Apotheke – und somit der Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke – der Vorzug zu geben. Hinsichtlich der Feststellung des Bedarfs an einer Filialapotheke ist ebenso wie bei der Bedarfsprüfung für eine öffentliche Apotheke unter anderem zu prüfen, ob die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Errichtung der Filialapotheke verringert und weniger als 5.500 betragen wird.
Sowohl öffentlichen als auch gemeinnützigen nichtöffentlichen Krankenanstalten kann der Betrieb eigener Anstaltsapotheken gewährt werden. Anstaltsapotheken dürfen allerdings grundsätzlich Arzneimittel nur an Krankenanstalten, Anstaltsapotheken und an die in der Pflege der Anstalt befindlichen oder in der Anstalt wohnhaften Personen abgeben. An andere Personen ist eine Arzneimittelabgabe nur in Notfällen zulässig. Es ist weder die Verpachtung einer Anstaltsapotheke zulässig, noch kann die Betriebsbewilligung einer Anstaltsapotheke auf andere Krankenanstalten übertragen werden. Der Betrieb einer Anstaltsapotheke darf nur durch einen verantwortlichen Leiter, dessen Bestellung der behördlichen Genehmigung unterliegt, ausgeübt werden. Bei Verhinderung desselben bzw. seines Stellvertreters ist der Betrieb der Anstaltsapotheke bis zur Behebung dieses Mangels einzustellen.
Die Zurücknahme der Apothekenkonzession kann erfolgen, wenn entweder die Apotheke nicht innerhalb von fünf Jahren nach Rechtskraft des Konzessionsbescheides eröffnet wird, oder wenn der Betrieb der Apotheke durch mehr als sechs Monate unterbrochen wird. Da es sich hierbei um eine „Kann-Bestimmung“ handelt, ist die Konzessionsrücknahme nicht zwingend, sondern der Behörde ist diesbezüglich ein Ermessen eingeräumt. Durch diese Bestimmung soll ein gewisser Druck auf den Konzessionsinhaber dahingehend ausgeübt werden, die als notwendig erkannte Apotheke auch tatsächlich einzurichten. Ein hausapothekenführender Arzt hat in einem Konzessionsrücknahmeverfahren weder Parteistellung noch ein Antragsrecht.
Anders als bei der möglichen Konzessionsrücknahme wird die Apothekenkonzession zwingend entzogen, wenn dem Konzessionsinhaber die persönliche Eignung zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke fehlt, wenn die Rechtsform des Betriebes der öffentlichen Apotheke den gesetzlichen Erfordernissen widerspricht oder wenn der Konzessionsinhaber entgegen dem Kumulierungsverbot bereits Inhaber einer Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ist.
Wie bei der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke entscheidet auch über den Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke diejenige Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft bzw. Magistrat in den Statutarstädten) mittels Bescheid, in deren Verwaltungsgebiet der Standort der neuen Apotheke in Aussicht genommen ist. Gegen diesen Bescheid kann wiederum Beschwerde an das jeweilige Landesverwaltungsgericht erhoben werden.