1. Grundlagen und Anwendungsbereich Heimaufenthaltsgesetz

Das HeimAufG regelt in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen freiheitsbeschränkende Maßnahmen gesetzt werden dürfen und welche Kontrollrechte und Rechtschutzinstrumentarien in diesem Zusammenhang vorgesehen sind.

Da das HeimAufG für die von einer Freiheitsbeschränkung betroffenen Person die Bezeichnung „Bewohner“ verwendet, soll diese auch hier im folgenden verwendet werden, wohl wissend, dass diese Bezeichnung vor allem im Bereich von Krankenanstalten „unüblich“ ist.

 

In allen Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen oder sonstigen Einrichtungen, in denen zumindest drei psychisch kranke oder geistig behinderte Personen ständig betreut oder gepflegt werden können. In diesen Einrichtungen gilt das Gesetz einrichtungs- und nicht personenbezogen, d. h. wenn bspw ein junger Mensch mit psychischer Erkrankung mangels anderer Betreuungsmöglichkeiten in einem Altenpflegeheim untergebracht ist, dann gilt das Gesetz auch für diesen.

Nicht ins HeimAufG fallen z.B. mobile Dienste, Betreuung durch Familienangehörige, Wohngruppen etc. Ebenso Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger wurden mit der letzten Novelle des HeimAufG im Jahre 2018 in den Geltungsbereich miteinbezogen.

 

Grundsätzlich ja, ausgenommen sind jedoch Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie, an denen das UbG (Unterbringungsgesetz) zur Anwendung kommt.

In Krankenanstalten gilt das Gesetz jedoch nicht einrichtungs-, sondern personenbezogen. Das
HeimAufG ist daher nur auf jene Personen anzuwenden, die in der Krankenanstalt wegen ihrer psychischen Erkrankung/geistigen Behinderung (und nicht wegen der spitalsärztlichen Behandlung) der ständigen Betreuung und Pflege bedürfen. Die Judikatur verwendet daher die Formel, dass vom
HeimAufG im Spital ausgenommen ist, wer durch die bzw. im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung pflege- und betreuungsbedürftig wird.

 

Als solche gilt die Unterbindung der Möglichkeit der Ortsveränderung gegen oder ohne Willen des Bewohners. Es wird also die Bewegungsfreiheit auf einen Bereich eingeschränkt, wobei egal ist, wie groß dieser Bereich ist. Zur Erfüllung des Tatbestandes Freiheitsbeschränkung reicht es, wenn die Mobilität zwar nicht gänzlich unterbunden, aber bereits eingeschränkt wird. Auch wenn der Bewohner bereits hochgradig immobil ist, kann eine Freiheitsbeschränkung vorliegen. Auch die zeitliche Dauer der Beschränkung spielt keine Rolle.

Im Rahmen der Einbeziehung der Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger wurde gesetzlich auch klargestellt, dass alterstypische Freiheitsbeschränkungen nicht als Beschränkungen der Freiheit im Sinne des HeimAufG gelten. Welche Beschränkung bspw aus pädagogischen Erwägungen heraus im Einzelfall als „alterstypisch“ anzusehen ist, muss der Beurteilung im Einzelfall vorbehalten bleiben und wird durchaus nicht immer einfach zu treffen sein.

Wichtig: Es gilt immer zu unterscheiden ob einerseits der Tatbestand der Freiheitsbeschränkung erfüllt ist und ob diese andererseits auch zulässig ist. Tatbestandserfüllung und Zulässigkeit sind gesondert zu prüfen.

 

Ist der Bewohner entscheidungsfähig kann er einer Freiheitsbeschränkung ausdrücklich zustimmen. Es liegt dann keine Freiheitsbeschränkung vor. Diese Zustimmung kann aber nur höchstpersönlich erteilt werden, eine Zustimmung durch Dritte (Angehörige, Erwachsenenvertreter) scheidet aus. In der Praxis hat sich für diese Fälle der Begriff „Freiheitseinschränkung“ eingebürgert, den das Gesetz als solchen aber nicht kennt. Achtung: auch Freiheitseinschränkungen sind dokumentations- und vor allem meldepflichtig an die Bewohnervertreter. Achtung: mangelnder Widerstand ist keine Zustimmung!

 

Als psychische Mittel kommen vor allem mechanische, elektronische oder medikamentöse Maßnahmen in Frage.

Mechanische Mittel: insbesonders alle Arten von Fixierungen, Bettgitter, Sitzhosen, versperrte
Zimmertüren, bloßes Festhalten, …

Elektronische Mittel: Codierungssystem an Türen, elektronische Ortungssysteme usw, wenn diese dazu führen, dass der Bewohner den Bereich nicht aus eigenem verlassen kann bzw. wenn dieser bei Alarmauslösung am Verlassen des Bereiches gehindert wird.

Medikamente: alle Medikamente, die beim konkreten Bewohner entweder die physische Möglichkeit zur Fortbewegung oder den Fortbewegungswillen dämpfen oder unterbinden, sind zur Freiheitsbeschränkung grundsätzlich geeignet. Daher nicht nur „psychiatrische Medikamente“!

Eine Freiheitsbeschränkung liegt jedoch auch bereits dann vor, wenn eine freiheitsbeschränkende Maßnahme lediglich angedroht wird.

 

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