XII. Für Mediziner besonders relevantes gerichtliches STRAFRECHT
Strafrecht hat eine Ordnungsfunktion und regelt das Zusammenleben der Menschen in der Gemeinschaft insofern, als es Verstöße sanktioniert. Strafrecht umfasst sowohl das gerichtliche Strafrecht als auch das Verwaltungsstrafrecht. Daneben ist noch das Disziplinarstrafrecht relevant, das allerdings nicht allgemein, sondern nur für bestimmte Berufsgruppen, insbesondere auch Ärzte, gilt. Das gerichtliche Strafrecht ist jenes, das von Gerichten vollzogen wird, während Verwaltungsstrafrecht von Verwaltungsbehörden vollzogen wird. Disziplinarstrafrecht wird von den jeweils dafür eingerichteten Disziplinarbehörden vollzogen.
Da durch medizinisches Handeln oder Unterlassen in strafrechtlich geschützte Rechtsgüter eingegriffen werden kann, hat das gerichtliche Strafrecht auch für den medizinischen Bereich Bedeutung.
Das höchste Rechtsgut ist das Leben selbst. Das Rechtsgut der körperlichen Integrität findet sich in den Körperverletzungsdelikten und die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung in den früher als Sittlichkeitsdelikten bezeichneten Normen wieder. Dazu kommen noch die Rechtsgüter Freiheit, Privatsphäre, Pietät vor den Toten und Rechtspflege.
Um abgrenzen zu können, wann eine Handlung oder Unterlassung einen Strafrechtstatbestand erfüllt, werden im Folgenden die wichtigsten Delikte aus dem gerichtlichen Strafrecht kurz dargestellt.
Welche sind vorsätzliche Tötungsdelikte?
Vorsätzliche Tötungsdelikte sind der Mord, der Totschlag, die Tötung eines Kindes bei der Geburt und die Tötung auf Verlangen.
Das Leben beginnt nach juristisch herrschender Meinung mit dem Beginn der Eröffnungswehen bei natürlicher und dem Beginn der Vornahme des medizinischen Eingriffs bei nicht natürlicher Geburt. Vor diesem Zeitpunkt – da juristisch gesehen das Leben nicht begonnen hat – ist ein Tötungsdelikt nicht möglich. Deshalb ist ein Schwangerschaftsabbruch rechtlich betrachtet kein vorsätzliches
Tötungsdelikt, sondern ist dessen Strafbarkeit separat geregelt. Nach herrschender Meinung endet das menschliche Leben mit dem Hirntod.
Mord ist jede vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen, egal mit welchen Mitteln oder welche Motive Grundlage der Tötung waren. Erfolgt eine vorsätzliche Tötung aber in einer allgemein begreiflichen und heftigen Gemütsbewegung (= Affekt), liegt Totschlag und kein Mord vor. Bei Totschlag droht eine geringere Strafe als bei Mord. Dasselbe gilt für das Delikt der Tötung eines Kindes durch die Mutter bei der Geburt. Die Tötungshandlung muss während der Geburt oder im geburtsbedingten Erregungszustand erfolgen, ansonsten nicht das Delikt der Tötung eines Kindes durch die Mutter bei der Geburt, sondern die Erfüllung des Tatbestandes des Mordes oder des Totschlags zu prüfen sind.
Auch die Tötung auf Verlangen privilegiert den Mord. Tatvoraussetzung ist, dass die Tötung aufgrund ernstlichen und eindringlichen Verlangens des Tatopfers gesetzt wird und dadurch die Initiative zur Tötung vom Tatopfer ausgegangen ist und dieses an der Tötung beteiligt war.
Mitwirkung am Selbstmord ist ein Delikt sui generis und kein privilegierter Mord, da keine direkte Tötung eines anderen erfolgt. Der Selbstmörder setzt seine Tötungshandlung selbst und zwar freiwillig und in Kenntnis der Bedeutung und Konsequenz seiner Tat. Die Strafbarkeit des Verhaltens des Mitwirkenden liegt entweder im vorsätzlichen Verleiten oder in der vorsätzlichen Hilfeleistung beim Selbstmord. Der Mitwirkende muss daher beim Verleiten zumindest den Selbstmord des anderen in Kauf genommen und sich damit abgefunden haben. Im Hinblick auf den zweiten Tatbestand des
§ 78 StGB - und zwar der Hilfeleistung beim Selbstmord − hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis G 139/2020 vom 11.12.2020 erkannt, dass das ausnahmslose Verbot der Hilfe zur Selbsttötung verfassungswidrig ist. Die Aufhebung der Bestimmung tritt mit Ablauf des 31.12.2021 in Kraft. § 78 StGB ist daher seitens des Gesetzgebers neu zu formulieren.
Der Gesetzgeber definiert fahrlässiges Handeln als das außer Acht lassen der Sorgfalt, zu der er nach Umständen verpflichtet ist und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.
Dabei sind zwei Arten von Fahrlässigkeit, nämlich die unbewusste und die bewusste zu unterscheiden.
Im Unterschied zum vorsätzlichen Verhalten will der Täter bei fahrlässigem Verhalten die Tat nicht herbeiführen, auch wenn er – wie im Fall der bewussten Fahrlässigkeit – den strafgesetzwidrigen Erfolg ins Auge fasst. Während also der Vorsatztäter willentlich handelt, verletzt der Fahrlässigkeitstäter ein rechtliches Gebot aus Unaufmerksamkeit.
Fahrlässige Tötungsdelikte sind die fahrlässige Tötung und die grob fahrlässige Tötung.
Grundsätzlich ist ein vorsätzlicher Schwangerschaftsabbruch strafbar. In den in § 97 StGB aufgezählten Fällen ist ein Schwangerschaftsabbruch jedoch ex lege straflos. Hinsichtlich der in den Z 1 und 2 leg cit enthaltenen Fälle ist Voraussetzung, dass der Abbruch von einem Arzt vorgenommen wird.
Straflos ist ein Schwangerschaftsabbruch
► innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung (Z 1) oder
► wenn er zur Abwendung einer nicht anders abwendbaren ernsten Gefahr für das Leben oder eines schweren Schadens für die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren erforderlich ist (Z 2, 1. Fall) oder
► wenn eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde (Z 2, 2. Fall) oder
► wenn die Schwangere zur Zeit der Schwängerung unmündig gewesen ist (Z 2, 3. Fall) oder
► wenn er zur Rettung der Schwangeren aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr unter Umständen vorgenommen wird, unter denen ärztliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist (Z 3).
Wird ein Schwangerschaftsabbruch ohne Einwilligung der Schwangeren vorgenommen, ist das nur dann nicht strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch zur Rettung der Schwangeren aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Lebensgefahr unter Umständen vorgenommen wird, unter denen die Einwilligung nicht rechtzeitig zu erlangen ist.
Körperverletzungsdelikte können sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden. Das geschützte Rechtsgut ist die körperliche Integrität eines Menschen.
Das Strafgesetzbuch legt ein Grunddelikt fest, wonach strafbar ist, wer einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Gleichermaßen strafbar ist, wer den anderen vorsätzlich am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt. Zum Grunddelikt gibt es Qualifikationen, abgestuft nach den Folgen der Tat, sodass danach noch die schwere Körperverletzung, die Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen und die Körperverletzung mit tödlichem Ausgang zu unterscheiden sind. Die absichtlich schwere Körperverletzung ist keine Qualifikation des Grunddelikts, sondern beinhaltet mit dem Erfordernis der Absicht als subjektive Tatseite ein eigenes Tatbild. Das Strafgesetzbuch sieht für die absichtlich schwere Körperverletzung ein höheres Strafmaß vor als wenn die Tat ohne Absicht begangen wurde und schwere Dauerfolgen nach sich gezogen hat.
Als Körperverletzung gilt dabei jeder nicht ganz unerhebliche Eingriff in die körperliche Integrität, wenn dabei Erscheinungen bewirkt werden, die allgemein als Verletzungen oder Wunden, z.B. Schnittwunden, Blutergüsse, Hautabschürfungen, Schwellungen, Nasenbluten, Prellungen, etc bezeichnet werden. Eine äußerliche Sichtbarkeit der Verletzung ist dabei nicht zwingend erforderlich, sondern auch innere Verletzungen erfüllen den Begriff. Als Gesundheitsschädigung gilt das Hervorrufen oder die Verschlimmerung einer Erkrankung oder die Verschlechterung der körperlichen Verfassung. Schmerzen, die noch andauern, ohne dass noch eine Körperverletzung vorliegt, sind als Gesundheitsschädigung zu werten. Eine Misshandlung am Körper ist jede unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht ganz unerheblich beeinträchtigt.
Strafbar ist eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung auch dann, wenn diese einem anderen fahrlässig zugefügt wurde. Dabei enthält das Strafgesetzbuch das Grunddelikt und Qualifikationen des Grunddelikts. Leichte fahrlässige Körperverletzungen sind unter bestimmten Voraussetzungen straflos. Grundvoraussetzung ist, dass der Täter keine grobe Fahrlässigkeit zu verantworten hat. Ist das erfüllt, ist der Täter straflos, wenn die verletzte Person - vereinfacht ausgedrückt - mit dem Täter verwandt ist oder aus der Tat keine Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit von mehr als vierzehntägiger Dauer erfolgt sind oder der Täter ein Angehöriger eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes ist und die Körperverletzung in Ausübung seines Berufes zugefügt worden ist.
Neben dem Freiheitsentzug, den Erpressungs- und Nötigungsdelikten, der Sklaverei und dem Menschenhandel, der beharrlichen Verfolgung, der Täuschung und dem Hausfriedensbruch steht auch die eigenmächtige Heilbehandlung unter Strafdrohung, welcher im Zusammenhang mit der ärztlichen Berufsausübung besondere Bedeutung zukommt.
Wer gegen das Verbot der eigenmächtigen Heilbehandlung verstößt, ist nur auf Verlangen des eigenmächtig Behandelten zu verfolgen. Es handelt sich daher um ein Privatanklage- und kein Offizialdelikt. Obwohl die Überschrift der Deliktsbeschreibung mit Heilbehandlung betitelt ist, umfasst der Schutzbereich jede medizinische Behandlung. Strafbar ist, wer einen anderen vorsätzlich ohne dessen Einwilligung behandelt, und zwar auch dann, wenn der andere nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft behandelt wurde.
Grundsätzlich bedarf jede medizinische Behandlung der Einwilligung des Patienten. Liegt keine, oder keine wirksame Einwilligung vor, ist die Behandlung nicht zulässig und damit strafbar. Erst recht unzulässig und strafbar ist eine Behandlung, wenn der Patient diese verweigert oder verbietet. Durch das Erfordernis der Einwilligung in eine medizinische Behandlung wird der freie Wille des Patienten geschützt. Ein einsichts- und urteilsfähiger Patient, der über die medizinischen Konsequenzen der Behandlung, die er verweigert, aufgeklärt ist, hat ein unbeschränkbares Vetorecht.
Keine eigenmächtige Behandlung liegt vor, wenn die Einwilligung nicht eingeholt werden konnte, weil durch die Zeitverzögerung das Leben oder die Gesundheit des Behandelten ernstlich gefährdet gewesen wäre.
Mit der Strafbarkeit der Verletzung von Berufsgeheimnissen sichert der Gesetzgeber einen speziellen Bereich der Privatsphäre von Menschen ab. Das Delikt ist ein Privatanklagedelikt und somit nur über Verlangen des in seinem Recht Verletzten zu verfolgen.
Schutzobjekt ist ein Geheimnis, das den Gesundheitszustand einer Person betrifft. Das Geheimnis muss bei berufsmäßiger Ausübung eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes oder einer berufsmäßigen Beschäftigung mit Aufgaben der Verwaltung einer Krankenanstalt oder mit Aufgaben der Kranken-, Unfall-, Lebens- oder Sozialversicherung ausschließlich kraft des Berufes anvertraut worden oder zugänglich geworden sein. Tathandlung und damit strafbar ist die Offenbarung oder Verwertung eines Geheimnisses, wenn sie geeignet ist, ein berechtigtes Interesse der Person zu verletzen, die seine Tätigkeit in Anspruch genommen hat oder für die sie in Anspruch genommen worden ist. Die Strafbarkeit besteht auch für gerichtlich oder behördlich bestellte Sachverständige, die eine solche Tathandlung setzen.
Der Täter ist aber nicht zu bestrafen, wenn die Offenbarung oder Verwertung des Geheimnisses nach Inhalt und Form durch ein öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse gerechtfertigt ist.
Ja. Wer eine Handlung begeht, die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wenn die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört. Ebenso ist zu bestrafen, wer eine solche Tat fahrlässig begeht. Die Strafdrohung für das Fahrlässigkeitsdelikt beträgt bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder bis zu 720 Tagessätzen Geldstrafe.
Das geschützte Rechtsgut ist die gesundheitliche Situation der Gesamtbevölkerung und nicht etwa nur die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen. Der Zweck der Bestimmung liegt in der Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung durch die Verhinderung der Verbreitung bestimmter übertragbarer Krankheiten und in der Endemie- und Epidemiebekämpfung.
Für die Verwirklichung des Tatbestandes ist eine Ansteckung eines oder mehrerer anderer Menschen nicht erforderlich. Es ist unerheblich, ob eine Krankheit übertragen wurde oder eine Übertragungsgefahr bestanden hat, weil für die Verwirklichung des Tatbestandes die abstrakte Eignung der Tathandlung, eine solche Gefahr herbeizuführen, ausreicht.
Eine Strafbarkeit begründen Handlungen, die geeignet sind, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit, wenn diese Krankheit ihrer Art nach zu den – wenn auch nur beschränkt – anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört, herbeizuführen. Im Wesentlichen sind damit die im Epidemie-, Tuberkulose-, Geschlechtskrankheiten-, dem AIDS- und dem Tierseuchengesetz aufgezählten übertragbaren Krankheiten gemeint. Bezüglich anzeige- oder meldepflichtiger Tierseuchen besteht eine Strafbarkeit nur dann, wenn es sich um eine Krankheit handelt, die unter Menschen übertragbar ist.
Jede Ansteckung mit einer, wenn auch nur beschränkt meldepflichtigen Krankheit stellt zusätzlich eine Gesundheitsschädigung dar, sodass je nach Schweregrad eine Strafbarkeit nach den Körperverletzungsdelikten zu prüfen ist. Bei einer Ansteckung mit Krankheiten, die letal enden, kommt eine Strafbarkeit nach den Tötungsdelikten in Betracht. Bei den vorsätzlichen Tötungs- und Körperverletzungsdelikten ist eine Strafbarkeit auch wegen versuchter Tat möglich. Die Hürde für die Anklagebehörde wird der Beweis der Kausalität und des Vorsatzes sein, um eine Verurteilung nach diesen Delikten zu erreichen.
Das ärztliche Berufsrecht legt fest, welche ärztlichen Tätigkeiten ausschließlich von Ärzten erbracht werden dürfen. Die gewerbsmäßige Erbringung solcher Leistungen in Bezug auf eine größere Zahl von Menschen durch Personen, die die zur Ausübung des ärztlichen Berufes erforderliche Ausbildung nicht haben, ist verboten. Wer ein Medizinstudium abgeschlossen hat, scheidet damit als Täter aus, da es nicht auf die Berufsausübung ankommt, sondern auf die erforderliche Ausbildung. Diese Vorschrift dient unter anderem zum Schutz der Bevölkerung, da die Erbringung Ärzten vorbehaltener Tätigkeiten durch Nichtärzte als abstrakt gefährlich einzustufen ist. In Hinblick auf das für die Strafbarkeit erforderliche Tatbestandsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit spielt es nach der herrschenden Lehre keine Rolle, wenn Kurpfuscher kein Honorar verlangen, aber welches annehmen. Der bloße medizinische Rat eines Laien erfüllt den Tatbestand der Gewerbsmäßigkeit dagegen nicht und ist damit nicht strafbar.
Kommt ein Mensch durch die Tätigkeit eines Kurpfuschers zu Schaden, ist zusätzlich eine Strafbarkeit nach den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten zu prüfen.
Auch die Störung der Totenruhe ist strafbar. Strafbar ist, wer vorsätzlich einen Leichnam oder Teile eines Leichnams oder die Asche eines Toten einem Verfügungsberechtigten entzieht oder aus einer Beisetzungs- oder Aufbahrungsstätte wegschafft. Weiters strafbar sind die Misshandlung eines Leichnams, die Verunehrung eines Leichnams oder der Asche eines Toten oder einer Beisetzungs-, Aufbahrungs- oder Totengedenkstätte. Auch die Entfernung von Schmuck von einer Beisetzungs-, Aufbahrungs- oder Totengedenkstätte ist strafbar.
Das geschützte Rechtsgut ist die Pietät gegenüber den Toten. Kommt es im Zuge der Störung der Totenruhe auch zur Verwirklichung von Vermögensdelikten – denkbar wären etwa Sachbeschädigung und Diebstahl – ist die Strafbarkeit hinsichtlich dieser Delikte zusätzlich zu prüfen.
Eine besondere Relevanz hat das Delikt der Störung der Totenruhe für Ärzte in Zusammenhang mit Obduktionen, Organ- oder Gewebeentnahmen zum Zwecke der Transplantation und Entnahmen von Leichenteilen für beispielsweise pharmazeutische Zwecke.
Obduktionen, Organ- und Gewebeentnahmen und Entnahmen von Leichenteilen erfüllen grundsätzlich das Tatbild der Störung der Totenruhe, weil das eine Misshandlung des Leichnams darstellt. Diese Handlungen sind aber gerechtfertigt, wenn bestimmte gesetzlich determinierte Voraussetzungen erfüllt sind. § 25 KAKuG regelt dabei die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Leichenöffnung in Krankenanstalten, § 5 OTPG normiert, unter welchen Voraussetzungen die Entnahme von Organen bei Verstorbenen zum Zwecke der Transplantation zulässig ist und § 4 Abs 5 und Abs 5a GSG enthält die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Gewebeentnahmen an Verstorbenen.