Wer darf ärztliche Gutachten erstellen?
Aus der telefonischen Beratung ergibt sich oft, dass Ärzte unsicher sind, ob sie überhaupt ärztliche Zeugnisse und ärztliche Gutachten ausstellen dürfen. § 2 Abs 3 ÄrzteG normiert dazu eindeutig jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Daraus ist umgekehrt abzuleiten, dass etwa in Ausbildung befindliche Ärzte, weil diese nicht zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigt sind, nicht befugt sind, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten. Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind überdies nur Ärzte, die in die Ärzteliste eingetragen sind.
Das Berufsrecht sieht drei Formen der Eintragung vor, und zwar die
- Anstellung als Arzt,
- Meldung einer Niederlassung mit Begründung eines Berufssitzes entweder als Kassenvertragsarzt oder als Wahlarzt und
- wohnsitzärztliche Tätigkeit.
Die Erstellung von ärztlichen Gutachten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ist grundsätzlich nur zulässig, wenn der Arzt einen Berufssitz gemeldet hat. Eine Ausnahme besteht für zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Wohnsitzärzte für die Erstellung von reinen Aktengutachten.
Angestellte Ärzte sind zur Erstattung von Gutachten namens ihres Dienstgebers berechtigt, d.h. wenn der Dienstgeber den angestellten Arzt mit der Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses oder des Gutachtens beauftragt. Weiters sind diese zur Ausstellung von Gutachten berechtigt, wenn der Gesetzgeber den im Krankenhaus Dienst habenden Arzt dazu berechtigt bzw. verpflichtet. Als Beispiel ist dazu § 5 Straßenverkehrsordnung anzuführen. § 5 Straßenverkehrsordnung beinhaltet die Regelung zur Durchführung von Alkohol- und Drogenuntersuchungen durch in öffentlichen Krankenanstalten diensthabende Ärzte. Erstatten angestellte Ärzte Gutachten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, ist dies der Kammer als Nebenbeschäftigung zu melden.
Fachliche Qualifikation
Eine weitere Qualifikation außer die Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung ist nur dann erforderlich, das gesetzlich festgelegt ist oder wenn der Auftraggeber des Gutachtens eine solche fordert. Beispielsweise sind für Gerichtsgutachten die Gerichtsgutachterprüfung und die Bestellung zum gerichtlich beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen Voraussetzung. Vereinzelt setzen auch Verwaltungsbehörden oder Selbstverwaltungskörper für Mediziner, die für sie ärztliche Gutachten erstatten, besondere weitere Qualifikationen voraus. So ist für Führerscheingutachter die Führerscheingutachterbasisausbildung mit anschließender beischeidmäßiger Bestellung durch das Amt der Landesregierung Voraussetzung.
Dagegen ist beispielsweise für die Ausstellung von fachärztlichen Stellungnahmen im Führerscheinverfahren, in denen der Amtsarzt dem Führerscheinbewerber aufträgt, ein solches beizubringen, außer der Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung keine weitere fachliche Voraussetzung vorgeschrieben.
Mag. Dr. Sylvia Hummelbrunner, MBL, PM.ME