Verweis an nahen Optiker ist unerlaubte Werbung, räumliche Nähe schadet nicht
Direkte Verbindung der beiden Betriebe, Auflage von Gutscheinen, Kamera und gemeinsame Gerätenutzung unproblematisch
Der jeweilige Betrieb eines Augenfacharztes und Kontaktlinsenoptikers sowie eines Augenoptikers befinden sich in unmittelbarer Nähe desselben Hauses, zwar mit eigenen Eingängen, jedoch mit direkter Verbindung. Mittels Videokamera wird auch der „offene Übergangsbereich zwischen Durchgang zur Ordination und dem Verkaufsraum, nicht aber der Verkaufsraum selbst“, überwacht. In der Arztordination werden Gutscheine des Optikers für die Einlösung beim Kauf einer Brille in der Arztordination aufgelegt. Der Augenfacharzt und der Optiker benützen ein Gerät (Refraktionseinheit) gemeinsam.
Der OGH hat sich in der konkreten Entscheidung (4 Ob 34/14z) sehr intensiv mit der Abgrenzung des „legalen“ Wettbewerbs vom "sittenwidrigen Behinderungswettbewerb" auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gekommen, dass weder die nahe räumliche Situation noch die Installation der Videokamera, die nicht den Verkaufsraum umfasste, die „Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit“ der Patienten einschränken und daher keine „aggressiven Geschäftspraktiken“ gemäß § 1 a UWG vorliegen. Bezüglich der Auflage von Gutscheinen hegte der OGH keine Bedenken, zumal nicht erwiesen war und auch von der klagenden Partei nicht behauptet wurde, dass der Arzt diese seinen Patienten angeboten habe.
Zentrale, im Hinblick auf den Vorwurf des Bestehens der unerlaubten Werbung zu überprüfende Rechtsgrundlage ist die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit."
Maßgebend ist, so der OGH, die Auffassung eines mit anerkannten Werten verbundenen Arztes, wie sie in dieser Richtlinie zum Ausdruck kommt. "Ist das dem Beklagten vorwerfbare standeswidrige Verhalten geeignet, dem Beklagten einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor seinen Mitbewerbern zu verschaffen, so begründet es einen Verstoß gegen § 1 UWG ."
Weder die gemeinsame Gerätenutzung noch die räumliche Verbundenheit lassen laut OGH den Schluss zu, dass es sich um eine aus Patienten-, Kundensicht wahrzunehmende „gemeinsame“ Praxis beider Berufsgruppen handelt. Im Ergebnis handelt es sich daher um KEINE Werbung des Arztes für den Optiker.
Ordinationsassistentin darf jedoch nicht an nahen Optiker verweisen!
Anders ist die Situation jedoch dann, wenn die Ordinationsassistentin, deren Verhalten dem Arzt zurechenbar ist, den Patienten – so der Vorwurf der klagenden Partei – geraten habe, sich bei bestimmten Fragen an diesen konkreten Optiker zu wenden.
Erstgericht am Zug zur Sachverhaltsüberprüfung
Es handelt sich im konkreten Fall lediglich um ein Teilurteil und daher um einen, wenn auch großen, Teilerfolg des wegen unlauteren Wettbewerbs beklagten Arztes. Das Erstgericht wird zu klären haben, ob die Ordinationsgehilfin tatsächlich den nahen Optiker empfohlen hat. In diesem Fall würde es sich um eine unerlaubte Werbung handeln.
Mag. iur. Barbara Hauer, PLL. M.