Substitutionsarzt rechtswidrig aus Liste gestrichen
Viele Substitutionsverordnungen, Dokumentation unzureichend
Wegen bestehender „Auffälligkeiten“ bei der Verschreibungspraxis mit Überschreitung der Tages-Dosismengen sowie Verletzung der Dokumentationsvorschriften laut Suchtgiftverordnung wurde ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien aus der Liste der für die Opioid-Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzten gestrichen. Die dagegen erhobene Beschwerde des betroffenen Arztes wies das Verwaltungsgericht Wien ab. Der konkrete Vorwurf des Verwaltungsgerichtes lautete, dass der Arzt in mehreren Fällen die Dokumentationsvorschriften nicht ausreichend erfüllt hätte, weil er einerseits die in den Leitlinien festgelegten Tages-Dosismengen überschritten habe und die Beweggründe für dieses Verhalten nicht rechtskonform dokumentiert hätte. Bemängelt wurde auch die Abweichung vom regulären Abgabemodus dahingehend, dass der verschreibende Arzt die dafür erforderliche Stabilität der Patienten nicht ausreichend geprüft hätte.
Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof
Der Arzt für Allgemeinmedizin konsultierte den Verfassungsgerichtshof (VfGH, E 1435/2023-17) mit der Begründung, in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere auf Erwerbsfreiheit und auf Gleichheit vor dem Gesetz, verletzt worden zu sein. Er beantragte daher, das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien aufzuheben.
Arzt dringt mit Beschwerde durch
Die Weiterbildungsverordnung Opioid-Substitution sieht die unverzügliche Streichung der zur Substitutionsbehandlung berechtigten Ärzten vor, wenn gegen ärztliche Berufspflichten verstoßen wird.
Während der Pandemie wurden auch im Suchtmittelgesetz coronapandemiebedingte Änderungen, beispielsweise hinsichtlich der Dauerverschreibungen, eingeführt, wobei in Wien gemeinsam mit der Ärztekammer, der Apothekerkammer und dem Gesundheitsdienst der Stadt Wien ein abgestimmter Prozess entwickelt wurde, wie von allen Beteiligten vorzugehen ist. Die Geltungsdauer dieser Bestimmungen war zunächst bis zum 31. Dezember 2020 begrenzt, wurde jedoch stets weiterverlängert, bis diese mit 30. Juni 2023 endgültig außer Kraft getreten sind.
Das Verwaltungsgericht Wien ging jedoch in der Begründung seiner Entscheidung auf die während der Pandemie spezifisch rechtlich unterschiedlich zu beurteilende Situation während des betroffenen Zeitraumes nicht ein, obwohl die angelasteten Verletzungen der Dokumentationspflichten in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zum Ausbruch der COVID-19 Pandemie standen und der beschwerdeführende Arzt auch auf diesen Umstand hingewiesen hat. Aufgrund dieses Vorgehens habe das Verwaltungsgericht Willkür geübt und wurde der Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
Der VfGH hob damit das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien auf.
Mag. Barbara Hauer, LL.M., MBA