Strafanzeige bei Behandlungsfehlern
In letzter Zeit gab es Unsicherheiten bei manchen Spitalsärzten, insbesondere aus gespag-Häusern: Zeigen die Spitäler ihre Ärzte beim Staatsanwalt an? Dazu möchte ich kurz die rechtliche Situation darstellen: § 54 Ärztegesetz verpflichtet jeden Arzt, dass er Anzeige bei der Polizei erstattet und zwar dann, wenn er den Verdacht hat, dass durch eine gerichtlich strafbare Handlung der Tod oder eine schwere Körperverletzung herbeigeführt wurde (Anzeigepflicht besteht weiters bei Misshandlung einer volljährigen Person, die ihre Interessen nicht selbst wahrzunehmen vermag bzw. bei Missbrauch von Minderjährigen. Wenn ein minderjähriges Kind allerdings von einem nahen Angehörigen missbraucht wurde, kann zum Wohle des Kindes die Anzeige unterbleiben, wenn eine Zusammenarbeit mit dem Jugendwohlfahrtsträger und ggf . einer Kinderschutzeinrichtung einer Krankenanstalt erfolgt). Diese Anzeigepflicht nach dem ÄrzteG besteht für jeden Arzt.
In den Spitälern wird eine Anzeige in aller Regel aber nicht durch den behandelnden Arzt selbst erstattet, sondern durch den ärztlichen Leiter. In den gespag-Spitälern wird dies so gehandhabt, dass bei Todesfällen, bei denen nach Auskunft der behandelnden Ärzte der Verdacht auf einen Behandlungsfehler besteht und dieser Fehler aller Wahrscheinlichkeit nach den Tod (mit)verursacht hat, nach Rücksprache zwischen Rechtsträger und ärztlicher Direktion von dieser eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft erfolgt. In dieser Sachverhaltsdarstellung werden nicht konkrete Ärzte namentlich angezeigt, sondern es wird der Sachverhalt an den Staatsanwalt gemeldet. Diese Meldung des Sachverhaltes an die Staatsanwaltschaft ist nicht nur nach dem ÄrzteG verpflichtend vorgesehen, sondern sie ist auch in derartigen Fällen sinnvoll, um nicht den Eindruck des Vertuschens oder Verschleierns zu erwecken. Die betroffenen Patienten bzw. Angehörigen werden darüber informiert, dass sie sich zur Unterstützung bei der Prüfung, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, an die Patientenvertretung wenden können.
An dieser Stelle möchten wir auch auf die bei der Ärztekammer für Oberösterreich eingerichtete Schiedsstelle für Behandlungszwischenfälle hinweisen. Patienten, die glauben, durch eine ärztliche Behandlung in ihrer Gesundheit geschädigt worden zu sein, können kostenlos von der Schiedsstelle ihre Beschwerde überprüfen lassen bzw. wird im Falle eines haftungsbegründenden Fehlverhaltens sogleich mit der Haftpflichtversicherung eine Entschädigung verhandelt. In diesen Schiedsstellenverfahren können sich die Patienten rechtlich vertreten lassen, nämlich durch die Patienten- und Pflegeanwaltschaft des Landes Oberösterreich, die Arbeiterkammer oder Rechtsanwälte. Zweck des Schiedsstellenverfahrens ist aber nicht nur, im Falle eines Behandlungsfehlers den Patienten zu einer Entschädigung zu verhelfen, sondern auch zu versuchen, das höchstwahrscheinlich gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt wieder herzustellen.
Dr. Maria Leitner