Schadenersatz wegen Aufklärungsfehler
Erhöhte Blutzuckerwerte der werdenden Mutter
Die Mutter der Klägerin ist an Diabetes Typ II erkrankt, wobei im Rahmen einer Routinekontrolle vor der Geburt ein erhöhter Blutzuckerspiegel festgestellt wurde. Der OGH führte Folgendes aus: „Im Hinblick auf die Gegenüberstellung der Behandlungsalternativen einer stationären Aufnahme der Mutter zur Einstellung ihres Blutzuckerspiegels einerseits und der Durchführung einer invasiven Amniozentese zur Feststellung, ob die ungeborene Klägerin durch den erhöhten Blutzuckerspiegel der Mutter betroffen war oder nicht, maß das Berufungsgericht dem Umstand besonderes Gewicht zu, dass im Fall eines negativen Befundes hinsichtlich der Klägerin (keine Betroffenheit des kindlichen Stoffwechsels durch die erhöhten Blutzuckerwerte der Mutter) nach den Ausführungen des Sachverständigen eine Insulintherapie der Mutter dennoch weiter angezeigt gewesen wäre.“ Allerdings hatte der behandelnde Arzt der werdenden Mutter in Aussicht gestellt, dass diese die Insulininjektionen im Falle eines derartigen negativen Befundes absetzen könne. Somit ging das Berufungsgericht laut OGH zu Recht davon aus, dass keine umfassende und vor allem neutrale Information über die bestehenden Alternativen erfolgte.
Klage gegen Spitalserhalterin
Die aufgrund der Frühgeburt und der Komplikationen bei der fehlerfrei durchgeführten Amniozentese schwer behinderte Klägerin begehrte Schadenersatz in Höhe von ca. Euro 331.400,--.
Aufklärungsgrundsätze
Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht und die ausreichende Überlegungsfrist sind anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Durch die Aufklärung muss der Patient in der Lage sein, die Tragweite seiner Erklärungen zu überschauen. Stehen mehrere diagnostisch oder therapeutisch adäquate Verfahren im Sinne einer echten Wahlmöglichkeit zur Verfügung, muss der Arzt die Vor- und Nachteile dieser Alternativverfahren gemeinsam mit dem Patienten erörtern.
Aufklärungsfehler bejaht
Der OGH (6 Ob 77/19w) hielt die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verletzung der Aufklärungspflicht sowie des Verstoßes gegen eine angemessene Überlegungsfrist für nicht korrekturbedürftig.
Mag. iur. Barbara Hauer, LL.M., MBA