Kinderärztin wehrt sich erfolgreich gegen negative online-Bewertung
Keine Terminvergabe für krankes Kind
Da der Vater keinen kurzfristigen Termin bei einer ihm persönlich nicht bekannten Kinderärztin für seinen erkrankten Sohn erhielt, verfasste er im Internet als registrierter Nutzer eine äußerst negative Bewertung, die mit dem Satz „Leider muss ich einen Stern vergeben, keiner ging nicht“ begann und mit den Beschreibungen, dass das Verhalten der Medizinerin „menschlich miserabel“ und mit dem „Berufsethos unvereinbar“ sei fortgesetzt wurde. Er behauptete, sein Sohn hätte trotz starker Schmerzen und freier Kapazitäten der Fachärztin für Kinderheilkunde ausschließlich aus dem Grund, dass es sich um einen „neuen“ Patienten gehandelt hätte, keinen Behandlungstermin bekommen.
Wahrheitswidrige Behauptungen des Vaters
Die Feststellungen des Erstgerichtes haben allerdings unzweifelhaft ergeben, dass das Patientenkontingent zum Zeitpunkt des Terminwunsches des Vaters bereits zur Gänze erschöpft war, unabhängig davon, ob der erkrankte Sohn bereits Patient dieser Ordination war. Der Fachärztin (in Folge Antragstellerin) war die Identität des Rezensionsverfassers nicht bekannt und forderte daher den Betreiber der Bewertungsplattform (in Folge Antragsgegner) wiederholt erfolglos auf, die negative Bewertung zu löschen oder zumindest den Namen und die E-Mail-Adresse des Verfassers bekannt zu geben mit der Intention, rechtliche Schritte gegen diesen einzuleiten.
Für das Erstgericht war der Plattformbetreiber nur Host-Provider, allerdings nicht Medieninhaber und wies dieses daher den Antrag auf Entschädigungszahlung mangels Medieninhaberschaft des Antragsgegners ab. Aufgrund der Bezeichnung der Antragstellerin als „menschlich miserabel“ ortete das Gericht jedoch einen Wertungsexzess und die Erfüllung des Straftatbestandes der üblen Nachrede, weswegen es den Plattformbetreiber zur Löschung der Rezension beauftragte.
Berufung an Oberlandesgericht (OLG)
Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner wehrten sich gegen dieses Urteil mittels Berufung an das OLG Wien (17 Bs 119/23h). Laut Auffassung des Berufungsgerichtes war der Plattformbetreiber nicht nur Host-Provider, sondern auch Medieninhaber und wäre es diesem möglich gewesen, die inkriminierte Rezension zu löschen.
Die Berufung der Kinderfachärztin war erfolgreich, das OLG Wien hob das erstinstanzliche Urteil auf und entschied, dass durch die auf der Plattform veröffentlichte Rezension der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt sei und der Medizinerin eine Entschädigung in Höhe von Euro 2.000,00 zu leisten sei. Zusätzlich wurde die Löschung des negativen Bewertungseintrags angeordnet.
Mag. Barbara Hauer, LL.M., MBA