Impfungen durch Betriebsmediziner
Immer wieder wird die Frage an uns herangetragen, ob die Durchführung von Impfungen zu den Aufgaben eines Arbeitsmediziners gehört. Dabei ist zu differenzieren:
Die Durchführung medizinischer Leistungen in Österreich ist grundsätzlich entweder daran gebunden, dass der Arzt in einer Gesundheitseinrichtung (Krankenanstalt, Kuranstalt,…) als Dienstnehmer beschäftigt wird oder dass er freiberuflich tätig ist und somit über einen eigenen Ordinationssitz verfügt. Übt der Arzt freiberufliche Tätigkeiten aus, für die überhaupt kein Ordinationssitz erforderlich ist (zB Gutachter,….) oder bei denen es aufgrund der Art der Tätigkeit nicht sinnvoll ist, dass ein Ordinationssitz begründet wird und daher schon von Gesetzes wegen diese Vorgabe entfällt (zB Notarzt, Vertretungsarzt, ….) dann hat er sich als Wohnsitzarzt in die Ärzteliste einzutragen. Letzteres gilt auch für Betriebsärzte, da der Gesetzgeber erkannt hat, dass der Betriebsmediziner in mehreren Betrieben tätig werden können soll und daher die Bindung an einen Ordinationssitz nicht sinnvoll erscheint.
Betriebsmediziner dürfen daher die Ausübung der Arbeitsmedizin als freiberufliche Tätigkeit ausüben, ohne einen Ordinationssitz dazu eröffnen zu müssen. Allerdings besteht die Ausnahme von der Ordinationsverpflichtung ex lege nur für arbeitsmedizinische Tätigkeiten und nicht für alle sonstigen ärztlichen Tätigkeitsbereiche. Will der Arbeitsmediziner daher Tätigkeiten freiberuflich ausüben, die über die Arbeitsmedizin hinausgehen, dann hat er für diese Tätigkeiten die allgemeinen Erfordernisse des Ärztegesetzes zur erfüllen, mithin einen Ordinationssitz zu begründen.
Diese Grundsätze sind auch auf Impfungen durch Betriebsmediziner anwenden. Hat der Betriebsmediziner keinen Ordinationssitz (im Betrieb) begründet, dann ist er auf die Tätigkeiten der Arbeitsmedizin beschränkt. Nach § 82 Z 6 ASchG (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz) sind Impfungen dann Teil der betriebsmedizinischen Tätigkeit, wenn es sich um Schutzimpfungen, die mit der Tätigkeit der Arbeitnehmer im Zusammenhang stehen.
Oder anders ausgedrückt: wenn mit dieser Impfung ein spezifisches, der Tätigkeit der betreuten Arbeitnehmer innwohnendes Risiko abgedeckt werden soll, dann handelt es sich um eine „betriebsmedizinische“ Impfung und ein Ordinationssitz ist dafür nicht notwendig.
Handelt es sich aber um Impfungen, die im allgemeinen Gesundheitsinteresse stehen und nicht durch die Tätigkeit des Dienstnehmers notwendig werden, dann handelt es sich eben nicht mehr um eine betriebsmedizinische Impfung und ist zur Durchführung derselben die Begründung eines Ordinationssitzes zwingende Voraussetzung.
So ist beispielsweise eine FSME-Impfung in einer Gärtnerei durchaus als „betriebsmedizinisch“ anzusehen, in einem Bürobetrieb jedoch sicher nicht mehr. Eine Masernimpfung für die Mitarbeiter in einer Gesundheitseinrichtung (zB Krankenhaus) oder im Kindergarten wäre wohl noch als „betriebsmedizinisch“ zu betrachten, in anderen Betrieben jedoch wohl nicht. Impfungen gegen Tropenerkrankungen sind für Mitarbeiter, die sich beruflich bedingt in diesen Regionen aufhalten müssen, betriebsmedizinische Impfungen, für die übrigen Mitarbeiter oder für andere Betriebe nicht.
Zusammengefasst ergibt sich, dass die Mitarbeit von Betriebsmedizinern bei landes- oder bundesweiten Impfprogrammen – die in der Regel dem allgemeinen Gesundheitsschutz dienen - daher nur dann möglich ist, wenn der Betriebsmediziner auch über einen Ordinationssitz (im Betrieb) verfügt.