Honorar für nicht eingehaltenen Arzttermin?
Welcher niedergelassene Arzt ist nicht darüber verärgert, wenn fix vergebene und für einen bestimmten Patienten reservierte Termine nicht rechtzeitig abgesagt oder eingehalten werden oder eine Visite angefordert wird und der Patient nicht zu Hause ist? Die Begründungen, welche in der Regel erst über zeitaufwändiges Nachfragen entweder durch die Ordinationsgehilfin oder durch den Arzt selbst erfolgen, sind sehr vielfältig und reichen von „krank, wichtiger Geschäftstermin, Bus versäumt, keine Mitfahrgelegenheit, kaputtes Auto, Schlechtwetter bis hin zum einfachen Vergessen.“ Den Patienten ist in solchen Fällen häufig nicht bewusst, dass sie durch derartiges Verhalten einerseits dem Arzt aus unternehmerischer Sicht einen nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügen und andererseits auch selbst Gefahr laufen, dass sie ein Honorar bezahlen müssen. Tagtäglich werden in den Arztpraxen oder Instituten Termine vereinbart, abgesagt oder versäumt, ohne dass Lehre und Rechtsprechung zu diesem Thema – abgesehen von den allgemein gültigen Grundsätzen – eindeutig Stellung nehmen, geschweige denn erfolgte bisher eine intensive Auseinandersetzung in dieser Angelegenheit. In Deutschland existiert diesbezüglich mehr Judikatur und Literatur, jedoch auch ohne Einigkeit darüber, wie diese Fälle letztendlich zu würdigen und entscheiden sind.
Gericht gab Arzt Recht
Erfreulicherweise ist jedoch zu berichten, dass ein Gericht in Oberösterreich einer Arztklage gegen einen Patienten stattgegeben hat und zwar nicht unter dem Titel des Schadenersatzes, sondern unter dem fortgesetzten Entgeltanspruch analog § 1168 ABGB. Begründet wurde dies damit, dass der reservierte Behandlungstermin aus Umständen, die ausschließlich in der Sphäre des Beklagten (des Patienten) lagen, nicht wahrgenommen wurde. Eine rechtliche Verpflichtung des Patienten, vereinbarte Termine wahrzunehmen, wurde zwar verneint, jedoch ergibt sich aus den einschlägigen Regelungen im ABGB (§§ 1168, 1155 und 1419), dass der Entgeltanspruch unverändert aufrecht bleibt, wenn die vereinbarte Leistung aus Umständen, die ausschließlich in der Sphäre des Gläubigers (des Patienten) liegen, nicht zustande kommt.
Der beklagte Patient schuldete daher im konkreten Fall (Bestellpraxis mit individueller Behandlungszeit, ein anderer Patient konnte während des verabsäumten Termins nicht behandelt werden, für den betroffenen Zeitraum waren keine weiteren Patienten bestellt) für den nicht eingehaltenen reservierten Behandlungstermin ein angemessenes Entgelt und dies – im Gegensatz zum Schadenersatzrecht – unabhängig von der Frage, ob den Patienten an der Nichtwahrnehmung des Termins bzw. an der nicht erfolgten Terminabsage ein Verschulden getroffen hat oder nicht. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier eine allfällige Ersparnis des Klägers durch die nicht erfolgte Behandlung sowie ein allfällig anderweitiger Erwerb oder eine absichtlich versäumte Erwerbsmöglichkeit, wobei hiefür der beklagte Patient, der den Termin nicht eingehalten hat, behauptungs- und beweispflichtig ist. Zur Höhe des zu bezahlenden Honorars können leider keine konkreten Beträge genannt oder allgemeine Feststellungen getroffen werden, sondern ist diesbezüglich auf ein angemessenes Entgelt zu verweisen.
Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass es sich im konkreten Fall um keine höchstgerichtliche Entscheidung handelte.
Begehrt hingegen der Arzt vom Patienten ein Ausfallshonorar aus dem Titel des Schadenersatzes, weil letzterer zum vereinbarten Termin entweder nicht erschienen ist oder nicht rechtzeitig abgesagt hat, so hat der Arzt zu beweisen, dass ihm durch dieses Verhalten ein Schaden entstanden ist. Weiters wird der Patient nur dann schadenersatzpflichtig, wenn er den Schaden rechtswidrig durch ein schuldhaftes Verhalten bzw. Unterlassen herbeigeführt hat. Den Arzt trifft auch eine sogenannte Schadenminderungspflicht, um den Schaden möglichst gering zu halten. Er muss sich daher anrechnen lassen, was er zu erwerben verabsäumt oder anderweitig tatsächlich erworben hat, indem beispielsweise bereits der nächste Patient vor Ort ist und er diesen behandelt. Zu berücksichtigen sind weiters allfällige Ersparnisse des Arztes durch die unterlassene Behandlungstätigkeit. Es bedarf daher gewisser Voraussetzungen, damit eine Klage auf Schadenersatz auch erfolgreich ist, wobei diese jedoch in der Praxis häufig schwer beweisbar sind.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Arzt bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen berechtigt ist, vom unentschuldigten bzw. zum Behandlungstermin nicht erschienenen Patienten ein Honorar zu verlangen. Empfehlenswert ist auch, die Patienten bereits z. B. auf den Vordrucken zur Terminvereinbarung oder einem entsprechenden Aushang in der Ordination sowie durch das Ordinationspersonal höflich, aber auch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass vereinbarte Termine einzuhalten oder rechtzeitig abzusagen sind, zumal ansonsten, selbstverständlich nur wenn die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, ein Honorar verrechnet wird.
Im Folgenden finden Sie ein Merkblatt für Ihre Patienten. Bitte überprüfen Sie jedoch zuerst, ob Sie alle Voraussetzungen erfüllen, bevor Sie das Merkblatt aushändigen, bzw. eine Honorarnote stellen.
Merkblatt für Patienten
Mag. iur. Barbara Hauer, PLL.M.