Einstweilige Verfügung - Arzt wird Abgabe von Ozempic untersagt
Apothekerkammer klagt Arzt
Der beklagte Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie gab im Rahmen seiner Ordinationstätigkeit mehreren an Adipositas leidenden Patienten das Medikament Ozempic in notwendiger Menge für die gesamte Behandlungszeit zur Selbstanwendung mit. Zumindest ein Präparat, das sich als Totalfälschung erwies, wurde nicht von einer österreichischen Apotheke, sondern von einem Handelsunternehmen bezogen.
Arzt darf Arzneimittel nicht abgeben
Die Vorinstanzen untersagten dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Abgabe von Arzneimitteln, ausgenommen im Rahmen der ersten Hilfeleistung in dringenden Fällen oder als Abgabe von Ärztemustern oder bei Vorliegen sonstiger Ausnahmebestimmungen.
Arzt verstößt mit Medikamentenabgabe gegeben Apothekenvorbehalt
Der Facharzt konsultierte den OGH (4 Ob 42/24s) und brachte vor, dass er keine Medikamente abgegeben, sondern diese den Patienten im Zusammenhang mit der konkreten ärztlichen Anwendung zulässigerweise mitgegeben habe. Laut OGH machte der beklagte Facharzt jedoch damit keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Der gesetzlich verankerte Apothekenvorbehalt bedeute ein Primat der öffentlichen Apotheken zur Arzneimittelversorgung, in welche Ärzte mit Hausapothekenbewilligung eingebunden seien. Auch ohne Hausapothekenbewilligung sind Ärzte verpflichtet, die „nach der Art ihrer Praxis und nach den örtlichen Verhältnissen für die erste Hilfeleistung in dringenden Fällen notwendigen Arzneimittel vorrätig zu halten“.
Anwendung ≠ Abgabe
Ausdrücklich wies der OGH – wie auch bereits die Vorinstanzen - darauf hin, dass „die bloße Anwendung eines Arzneimittels am Patienten durch den behandelnden Arzt mangels Abgabe an ihn nicht dem Apothekenvorbehalt unterliege“. Diese Anwendung erlaube auch die Mitgabe von geringen Mengen zur Selbsteinnahme. Letztere setzt jedoch voraus, dass der unmittelbare Zusammenhang mit der Behandlung in der Ordination und die ärztliche Überwachung gewahrt seien. Die Abgrenzung zwischen „Medikamentenabgabe“ und „Medikamentenanwendung“ hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab.
Durch die Überlassung eines gesamten Monatsbedarfs eines Arzneimittels samt Spritzvorrichtungen an die Patienten zum Zwecke der mehrwöchigen Selbstinjektion ohne jegliche ärztliche Aufsicht, hat der Arzt rechtswidrig Medikamente abgegeben, was den Apotheken vorbehalten ist.
Mag. Barbara Hauer, LL.M., MBA