
Brustimplantate - Keine Deckungspflicht der privaten Krankenversicherung
Brustimplantate vor Krebserkrankung eingesetzt
Im Jahr 2015 ließ die Klägerin Brustimplantate zur Vergrößerung der Brust setzen. Ungefähr 2 Jahr später wurde bei einer Mammographie ein bösartiger Tumor in der rechten Brust diagnostiziert. Daher erfolgte eine entsprechende Therapie und wurde im Jahr 2019 die Diagnose „Kapselfibrose Grad 3-4“ gestellt.
Es handelt sich bei der Kapselfibrose um die häufigste bekannte Komplikation im Rahmen von Brustsilikonimplantaten mit einer Prävalenz von 5% bis 20% bei ästhetischen Brustvergrößerungen und 19% bis 25% im Rahmen von Brustrekonstruktionen. Bei der Entstehung spielen immunologische und bakterielle Faktoren eine Rolle, wobei die genaue Ursache, welche eine derartige Reaktion auslösen kann, bis heute nicht geklärt ist. Evident ist eine deutliche Erhöhung des Kapselfibroserisikos durch eine Bestrahlungstherapie im Rahmen einer Tumorbehandlung.
Erst-und zweitinstanzliches Verfahren
Die Klägerin hat sich 2019 infolge der Diagnose eines operativen Eingriffes zur Entfernung der Kapsel entschlossen. Für den stationären Aufenthalt sowie die chirurgische Entfernung der Kapselfibrose samt Implantatwechsel wurde der Betrag von gesamt EUR 10.087,92 in Rechnung gestellt, welche wiederum von ihrer privaten Krankenversicherung samt Spesen und Inkassokosten eingeklagt wurden. Zwischen den Streitparteien besteht laut Feststellungen des Gerichtes ein Krankenversicherungsvertrag, den die allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten und Krankenhaus-Tagegeldversicherung in der Fassung 1999 (AVB) zugrunde liegen.
Das Erstgericht als auch das Berufungsgericht haben der Klage nicht stattgegeben und ausgeführt, dass die Operation zur Entfernung der Kapselfibrose eine Folge der durchgeführten Brustvergrößerung sei und daher unter den Risikoausschluss der AVB falle. Das Verfahren habe ergeben, dass bei der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit die hochgradige Kapselfibrose an der rechten Brust mit der Tumorerkrankung und den damit erfolgten Untersuchungen in kausalem Zusammenhang stehe. Jedoch wäre die Kapselfibrose ohne Silikonimplantat nicht aufgetreten. Dem schloss sich auch das Berufungsgericht an und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Die im Jahr 2015 gesetzten Implantate seien kausal für die Erkrankung gewesen. Zwar sei die Krebserkrankung mit den notwendigen Untersuchungen und Behandlungen als weitere Ursache hinzugetreten, jedoch falle dies unter den sekundären Risikoausschluss.
Ordentliche Revision vor dem OGH zur Klärung der erheblichen Rechtsfrage in Bezug auf die Auslegung der AVB
Nach stehender Rechtsprechung sind allgemeine Versicherungsbedingungen nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung gem. § 914ff ABGB zu interpretieren und orientieren sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung. Die Krankheitskostenversicherung knüpft an eine medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen einer Krankheit oder als Folge eines Unfalls gem. § 178b Abs 1 Vers VG an. Somit werden die Kosten einer Heilbehandlung ersetzt, wenn diese auf einer Krankheit oder auf einem Unfall beruhen und medizinisch notwendig sind. Für Schönheitsoperationen, die nur kosmetisch veranlasst sind, besteht keine Deckungspflicht. Der Tatbestand der Krankheit, die dadurch gelindert oder geheilt werden könnte, ist regelmäßig nicht erfüllt. Weiters besteht auch nach Art. 2.1 AVB kein Versicherungsschutz für kosmetische Behandlungen und Operationen und deren Folgen, soweit diese Maßnahmen nicht der Beseitigung von Unfallfolgen dienen.
Nach Rechtsansicht des OGH ist daher die gewünschte Auslegung der Klägerin, den Risikoausschluss nur auf während der Versicherungszeit durchgeführte kosmetische Behandlung und Operationen zu beziehen, nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht gedeckt. Der Zweck des Ausschlusses des Versicherungsschutzes ist erkennbar und auch nicht gröblich benachteiligend im Rahmen des § 879 Abs 3 ABGB. Letztendlich genügt auch schon Mitursächlichkeit eines ausgeschlossenen Umstands, um den vereinbarten Risikoausschluss greifen zu lassen.
Private Krankenversicherung nicht leistungspflichtig
Für den vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen die Deckungspflicht der Beklagten daher zutreffend verneint. Nach den den OGH bindenden Feststellungen war die Brustvergrößerung der Klägerin jedenfalls (mit-) ursächlich für das Entstehen der Kapselfibrose, womit aber auch entgegen der Rechtsansicht der Klägerin kein Platz für die Annahme einer Unterbrechung des Risikozusammenhangs durch die Krebserkrankung und Behandlung bleibt. Der Revision war daher keine Folge zu geben.
Mag. Tanja Müller-Poulakos, LL.M.