Beginn der Verjährungsfrist in Arzthaftungsfällen?
Schadenersatzklage gegen Spital
Eine Patientin (5 Ob 22/15v) erhielt am 28.06.2005 eine Hüftendoprothese, allerdings trat nach ihrer Entlassung eine Luxation des operierten Hüftgelenks auf. Am 08.02.2011 brachte sie eine Klage (ca. Euro 100.000,--) gegen das Spital ein und begründete diese mit mangelnder Aufklärung und „Nachsorge“und einer „Fehlbehandlung der am 06.07.2005 aufgetretenen Luxation“. Im Zuge der Nachoperation vom 27.11.2006 wurde eine irreversible Schädigung des nervus gluteus superior festgestellt.
Wann beginnt der Fristenlauf?
Laut Rechtsprechung beginnt die dreijährige Frist ab Kenntnis von Schaden und Schädiger (absolute Frist 30 Jahre) zur Verjährung von Schadenersatzansprüchen erst dann zu laufen, wenn die Patientin ausreichend Kenntnis (inklusive Ursachenzusammenhang) über den Sachverhalt hat (nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen), sodass eine Klage auch aussichtsreich ist. Subjektive Überzeugungen der Patienten über ein mögliches ärztliches Fehlverhalten ohne objektiven Grundlagen sind bloße Mutmaßungen und reichen für das Wissen über die erforderlichen Sachzusammenhänge nicht aus. Die Klägerin hat sich im konkreten Fall auch nicht „passiv verhalten“, da sie die Patientenanwältin kontaktiert hat.
Hemmung der Verjährung
Seitens des beklagten Spitals wurde die „Verjährungshemmung nach § 58a ÄrzteG von einem Jahr, drei Monaten und neun Tagen zugestanden“. Ziel dieser gesetzlichen Regelung gemäß § 58a ÄrzteG ist es, dass während der Vergleichsgespräche vor Schlichtungsstellen oder vergleichbaren Einrichtungen Schadenersatzansprüche nicht verjähren. Laut Berufungsgericht wurde mit 27.11.2006 der Beginn der Verjährungsfrist ausgelöst, da die Geschädigte im Zuge der Nachoperation über die irreparable Nervenschädigung informiert wurde. Unter Berücksichtigung der Verjährungshemmung war daher zum Zeitpunkt der Klageerhebung, am 08.02.2011, noch keine Verjährung eingetreten.
Schadenersatzansprüche nicht verjährt
Das Berufungsgericht kam daher - entgegen den Ausführungen des Erstgerichts - zum Ergebnis, dass die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche noch nicht eingetreten ist. Die erste Instanz muss daher das Verfahren in Anbetracht dieses Umstandes fortführen und klären, ob die behaupteten Behandlungs- und/oder Aufklärungsfehler tatsächlich begangen wurden.
Weitere Ausführungen zu einem sehr ähnlich gelagerten Fall finden Sie auch unter „Verjährung bei Arzthaftungsprozessen“.
Mag. iur. Barbara Hauer, PLL.M.