Arzneimittelversorgung durch ärztliche Hausapotheken
Rechtliche Rahmenbedingungen
Aufgrund der besonderen Geographie von Österreich hat die ärztliche Hausapotheke im Gegensatz zu anderen Ländern eine große historische Tradition, weil es seit jeher unmöglich war, die Arzneimittelversorgung nur durch öffentliche Apotheken zu gewährleisten. Österreichweit gibt es zurzeit noch knapp 900 hausapothekenführende Ärzte, wovon in etwa 200 in Oberösterreich ihren Ordinationssitz haben.
Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke:
Im Wesentlichen gibt es gemäß § 29 Apothekengesetz drei Voraussetzungen zur Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke. Es muss sich erstens beim antragstellenden Arzt um einen Vertragsarzt für Allgemeinmedizin im Sinne des § 342 ASVG bzw. um einen Arzt für Allgemeinmedizin einer Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach § 342 ASVG steht, handeln; zweitens darf sich in jener Gemeinde, in der der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befinden, und drittens muss der Berufssitz des Arztes mehr als sechs Straßenkilometer von der nächsten öffentlichen Apotheke entfernt sein. Wahlärzte sind somit von der Bewilligungserteilung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ausgeschlossen. Im Falle einer ärztlichen Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach § 342 ASVG steht, ist entscheidend, dass nicht die Gruppenpraxis als Gesellschaft die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke erhalten kann, sondern immer nur der jeweilige an der Gruppenpraxis beteiligte Arzt für Allgemeinmedizin. Weiters regelt § 29 Apothekengesetz, dass eine einmal erteilte Bewilligung erlischt, wenn ein Arzt seinen Berufssitz in eine andere Gemeinde verlegt.
Befugnisse beim Betrieb einer ärztlichen Hausapotheke
Gemäß § 30 Apothekengesetz berechtigt die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einen Arzt für Allgemeinmedizin zur Verabreichung von Arzneimitteln an seine Patienten. Ausnahme: Die Behandlung eines Patienten erfolgt, beispielsweise im Rahmen einer Visite, an einem Ort, an dem eine öffentliche Apotheke ihre Betriebsstätte hat, bzw. im Umkreis von vier Straßenkilometern, gemessen von der Betriebsstätte einer öffentlichen Apotheke. An Patienten anderer Ärzte darf ein Arzneimittel aus der Hausapotheke nur verabreicht werden, wenn dessen Beschaffung aus einer öffentlichen Apotheke nicht mehr rechtzeitig erfolgen könnte.
Rücknahme einer Hausapothekenbewilligung
Nach der derzeit geltenden Gesetzeslage sind von der Rücknahme der Hausapothekenbewilligung nur jene hausapothekenführenden Ärzte geschützt, deren Berufssitz sich in einer Gemeinde befindet, in der kein weiterer Vertragsarzt für Allgemeinmedizin niedergelassen ist. Dieser Schutz gilt selbst dann, wenn in unmittelbarer Nähe – auch innerhalb der Vier-Straßenkilometergrenze des § 29 Abs. 3 Apothekengesetz – eine neue öffentliche Apotheke errichtet wird, vorausgesetzt es wird keine weitere Vertragsarztstelle für Allgemeinmedizin in der Gemeinde des hausapothekenführenden Arztes geschaffen. Einem Stellennachfolger wird die Bewilligung allerdings nicht mehr erteilt, wenn der Ordinationssitz weniger als sechs Straßenkilometer von der nächsten öffentlichen Apotheke entfernt ist. In Gemeinden mit zwei Vertragsärzten für Allgemeinmedizin kann gemäß § 10 Apothekengesetz die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke erteilt werden, sofern die Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke mindestens 500 Meter von der Betriebsstätte einer bereits bestehenden öffentlichen Apotheke entfernt ist und das Versorgungspotential der umliegenden öffentlichen Apotheken nicht auf unter 5.500 Personen geschmälert wird. Gemäß der Übergangsvorschrift des § 62a Apothekengesetz führt die Konzessionserteilung für eine öffentliche Apotheke zwischen dem 29.03.2006 und dem 31.12.2015 zur Rücknahme der Hausapothekenbewilligung mit Ablauf jenes Kalenderjahres, in dem der Bewilligungsinhaber das 65. Lebensjahr vollendet hat. Die Hausapothekenbewilligung ist allerdings spätestens mit Ablauf des 31.12.2018 zurückzunehmen, selbst wenn der hausapothekenführende Arzt zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. In einer Gemeinde mit mindestens drei Vertragsärzten für Allgemeinmedizin wird auf Antrag die Konzession zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke erteilt, sofern die Voraussetzungen des § 10 Apothekengesetz vorliegen. Etwaige Hausapothekenbewilligungen der in der betreffenden Gemeinde ansässigen Ärzte für Allgemeinmedizin sind gemäß § 29 Abs. 4 Apothekengesetz drei Jahre nach Rechtskraft der Apothekenkonzession zurückzunehmen.
ÖÄK um Sanierung bemüht
Entgegen den ursprünglichen Verhandlungsergebnissen wurde zum Leidwesen der hausapothekenführenden Ärzte seitens der Politik der umfassende Schutz von Hausapotheken in den so genannten „Ein-Arzt-Gemeinden“ nicht ausreichend gesetzlich festgelegt, da wie oben dargestellt einem möglicher Nachfolger eines hausapothekenführenden Arztes aufgrund der Voraussetzung der Sechs-Straßenkilometer-Grenze die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nicht garantiert ist. Die ÖÄK ist allerdings sehr stark bemüht, diesbezüglich eine „Sanierung“ der gesetzlichen Bestimmungen herbeizuführen.
Mag. Christoph Voglmair, PLL.M.