Anzeige- bzw. meldepflichtige Krankheiten
Grundsatz: Der Arzt muss schweigen
- § 54 Ärztegesetz verpflichtet jeden Arzt (und seine Hilfspersonen) über alle Geheimnisse im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit strengstes Stillschweigen zu bewahren.
Kein Grundsatz ohne Ausnahmen
Die Verschwiegenheitspflicht gilt aber nicht absolut und immer, sondern das Gesetz definiert eine ganze Reihe von Ausnahmen. Eine davon ist die Regelung, dass dann keine Verschwiegenheitspflicht besteht, wenn gesetzlich eine Meldung des Arztes über den Gesundheitszustand bestimmter Personen vorgeschrieben ist. Angesprochen sind hier insbesondere die sog. anzeige- und meldepflichtigen Krankheiten.
Was bedeutet Meldepflicht?
Meldepflicht bedeutet, dass der Arzt verpflichtet ist, das Vorliegen eines Krankheitsfalles (bei manchen Krankheiten auch den Verdacht auf das Vorliegen) und jeden Todesfall aufgrund einer derartigen Erkrankung zur Anzeige zu bringen. Diese Pflicht besteht unabhängig vom Willen des Betroffenen, d.h. auch wenn der Betroffene will, dass nicht angezeigt wird, ist die Meldung durchzuführen, da in der Regel epidemiologische Gründe den Schutz der Privatsphäre des einzelnen hinter den Gesundheitsschutz der gesamten Bevölkerung zurücktreten lassen.
Wer ist meldepflichtig?
Meldepflicht nach dem Epidemiegesetz besteht aus ärztlicher Sicht für den zugezogenen Arzt, das Labor, das den Erreger diagnostiziert hat, den Leiter der Krankenanstalt und die berufsmäßigen Pflegepersonen des Betroffenen. Labors haben die Meldung verpflichtend elektronisch in das Register anzeigepflichtiger Krankheiten abzugeben.
Meldepflicht nach dem Tuberkulosegesetz besteht aus ärztlicher Sicht für jeden mit dem Erkrankungs- oder Todesfall befassten Arzt, den ärztlichen Leiter in Kranken- und Kuranstalten, die zur ärztlichen Aufsicht verpflichteten Ärzte in Pflegeheimen und den Totenbeschauer bzw Prosektor;
Meldepflichtig nach dem AIDS-Gesetz besteht für jeden freiberuflich tätigen Arzt, den ärztlichen Leiter einer Krankenanstalt und den Totenbeschauer bzw Prosektor.
Wohin hat die Meldung zu erfolgen?
Die Meldungen aller anzeigepflichtigen Krankheiten, außer Aids, sind an die Bezirksverwaltungsbehörde (BH, Magistrat) an den Amtsarzt zu schicken. Es sind dabei Name, Alter, Anschrift und Geburtsdatum des Betroffenen sowie die Bezeichnung der Krankheit anzuführen. Meldungen aufgrund des Epidemiegesetzes können alternativ auch elektronisch in das Register anzeigepflichtiger Krankheiten erfolgen, für Labormediziner ist die elektronische Meldung verpflichtend.
Wohin hat die Meldung bei Aids zu erfolgen?
Die Meldung bei Aids hat direkt an das Bundesministerium für Gesundheit zu erfolgen. Dort werden auch die entsprechenden Formulare ausgegeben.
Wann hat die Meldung zu erfolgen?
Die Meldungen nach dem Epidemiegesetz sind innerhalb von 24 Stunden an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Es ist auch eine elektronische Meldung möglich.
Meldungen nach dem Tuberkulosegesetz sind innerhalb von drei Tagen an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten
Meldungen nach dem AIDS-Gesetz sind innerhalb einer Woche nach Feststehen der Diagnose an das Bundesministerium für Gesundheit zu erstatten.
Welche Krankheiten sind Meldepflichtig?
Meldepflicht besteht aufgrund unterschiedlichster Gesetzesgrundlagen; im nachfolgenden sind die Krankheiten nach der gesetzlichen Grundlage geordnet.
Meldepflicht aufgrund des Epidemiegesetzes besteht für:
Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle an
- Cholera
- Gelbfieber
- Virusbedingtem hämorrhagischem Fieber
- Infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E, G)
- Hundbandwurm und Fuchsbandwurm
- Infektion mit dem Influenzavirus A/H5N1 oder einem anderen Vogelgrippevirus
- Kinderlähmung
- Bakteriellen und viralen Lebensmittelvergiftungen
- Lepra
- Leptospiren-Erkrankungen
- Masern
- Milzbrand
- Psittakose
- Paratyphus
- Pest
- Pocken
- Rickettsiose durch R. prowazekii
- Rotz
- Übertragbare Ruhr (Amöbenruhr)
- SARS (Schweres Akutes respiratorisches Syndrom)
- transmissiblen spongiformen Enzephalopathien
- Tularämie
- Typhus (Abdominaltyphus)
- Puerperalfieber
- Wutkrankheit (Lyssa)
- Bissverletzungen durch wutkranke oder –verdächtige Tiere
Erkrankungs- und Todesfälle an
- Bang’scher Krankheit
- Diphtherie
- Virusbedingten Meningoencephalitiden
- Invasiven bakteriellen Erkrankungen (Meningitiden und Sepsis)
- Keuchhusten
- Legionärskrankheit
- Malaria
- Röteln
- Scharlach
- Rückfallfieber
- Trachom
- Trichinose
- Tuberkulose
- hervorgerufen durch Mycobakterium bovis und schwer verlaufenden Clostridium difficile assoziierten Erkrankung
Meldepflicht aufgrund des Aids-Gesetzes besteht für:
Aids: für die Meldung von Todes-, und Erkrankungsfall gibt es eigene vom Bundesministerium aufgelegte Meldeformulare, wobei die Besonderheit darin besteht, dass Aids-Fälle nur mit
Angabe von Geburtsdatum, Geschlecht und Initialen des Patienten und allen sonstigen epidemiologisch zweckdienlichen Angaben zu versehen sind.
Meldepflicht aufgrund des Tuberkulosegesetzes besteht für:
Tuberkulose: Das Tuberkulosegesetz sieht eigene Meldezettel für die Erstmeldung vor. Diese Formulare werden von der Bezirksverwaltungsbehörde ausgegeben. Für jeden Tuberkulosefall
ist darüber hinaus ein Ergänzungsmeldeblatt sowie ein Schlussbericht mit den Formularen an
das Bundesministerium zu übermitteln. Meldepflichtig sind jede Erkrankung an Tuberkulose, die der ärztlichen Betreuung und Überwachung bedarf und jeder Todesfall, bei dem anhand Totenbeschau/Leichenöffnung eine Tuberkuloseerkrankung festgestellt wird.
Meldepflicht aufgrund des Geschlechtskrankheitengesetzes besteht für:
- Tripper
- Syphilis
- Weicher Schanker
- Lymphogranuloma inguinale,
ohne Rücksicht auf den Sitz der Krankheitserscheinung. Jeder Arzt, der in Ausübung seines Berufes von einer Geschlechtskrankheit Kenntnis erhält, ist zur Meldung des Falles verpflichtet,
wenn eine Weiterverbreitung der Krankheit zu befürchten ist oder sich der Kranke der ärztlichen Behandlung, beziehungsweise Beobachtung entzieht.
Sind Berufskrankheiten anzeigepflichtig?
Ja; jeder Arzt ist verpflichtet eine festgestellte Berufskrankheit oder den begründeten Verdacht auf eine solche mittels eines von der AUVA bereitgestellten Formulars binnen 5 Tagen zu melden. Für eine derartige Meldung erhält der Arzt von AUVA den Betrag von € 5,81. Bitte beachten Sie auch, dass diese Bestimmung einerseits unter Verwaltungsstrafsanktion steht und andererseits nach der Judikatur auch Schadenersatzansprüche des Versicherten bei Nichtmeldung und dadurch entgangener Invaliditätsrente anfallen können.
Was ist eine Berufskrankheit?
Als Berufskrankheit gilt nur jene Erkrankung die in einer eigenen Anlage zum ASVG angeführt ist und zwar nur unter den dort genannten Voraussetzungen, wobei sehr häufig auch angeben ist, bei Ausübung welcher Tätigkeit diese Krankheit als Berufskrankheit gilt.
Sie finden eine aktuelle Liste der Berufskrankheiten auf der Homepage der AUVA unter www.auva.sozvers.at.