Sturz beim Feuerwehrball
Verkehrssicherungspflichten wegen Verletzung Ballbesucher?
Im gegenständlichen Fall vereinbarte der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr mit der beklagten Gemeinde, dass die Feuerwehr in einem der Gemeinde gehörenden Veranstaltungszentrum einen „Stefanie-Ball“ veranstaltete. In der Vereinbarung der Vertragsparteien wurde die gegenständliche Hausordnung mitaufgenommen, welche regelt, dass die Veranstalterin für die Organisation und einen geordneten Ablauf verantwortlich sei. Der Kläger, ein Ballbesucher, stürzte in der Nacht über eine Stiege und verletzte sich schwer. Im erstinstanzlichen Verfahren brachte der Kläger vor, ursächlich sei nicht der Alkoholkonsum gewesen, sondern der mangelhafte Zustand der Stiege. Die schadhaften Stufen wurden nach dem Unfall bereits ausgetauscht und sei die beklagte Gemeinde daher haftbar. Der Freiwilligen Feuerwehr als Veranstalterin seien keine Verkehrssicherungspflichten übertragen worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen die Gemeinde ab. Die wesentliche Begründung lautete, dass zwischen den Streitfällen kein Vertragsverhältnis bestanden habe und die beklagte Gemeinde deshalb keine Verkehrssicherungspflichten getroffen hätten. Vielmehr sei zum Unfallzeitpunkt die Freiwillige Feuerwehr Inhaberin der Räumlichkeiten und der Stiege gewesen.
Haftung der Gemeinde
Das Berufungsgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück. Dazu wurde ausgeführt, dass die Beklagte zwar nicht selbst ihr Veranstaltungszentrum für die Ballbesucher geöffnet habe, jedoch wurden einem eingeschränkten Verkehr die Räumlichkeiten eröffnet, indem sie der Freiwilligen Feuerwehr das Haus für die Veranstaltung überlassen habe. Die Gemeinde sei daher verkehrssicherungspflichtig gewesen und hätte die Ballbesucher im Rahmen des Zumutbaren schützen müssen. Weiters ließ das Berufungsgericht den Rekurs wegen Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zu. Der Oberste Gerichtshof habe sich noch nicht mit der Frage befasst, ob derjenige, der seine Liegenschaft einem Dritten zu einem bestimmten Zweck überlasse, damit einen Verkehr eröffnet und ihn gegenüber den Besuchern Verkehrssicherungspflichten träfen.
Der Oberste Gerichtshof wies den Rekurs mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.
Zu Fragen der Verkehrssicherungspflichten und deren mögliche Übertragung liegt nach Rechtsansicht des Höchstgerichtes bereits eine reichhaltige Judikatur vor, die aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Verbreiterung bedarf. Nach herrschender Auffassung bestehen Verkehrssicherungspflichten nicht nur, wenn bewusst ein Verkehr eröffnet wird, sondern schon, wenn der Verkehr bloß geduldet wird. Jeder, der eine seiner Verfügung unterliegenden Anlage zum Zutritt eines Personenkreises eröffnet, muss diese Anlage für die befugten Benutzer in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand erhalten und vor erkennbaren Gefahren schützen. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, nach der durch die vereinbarte Ballveranstaltung keine Übertragung sämtlicher Verkehrssicherungsmaßnahmen betreffend das Gebäude von der Beklagten auf die Freiwillige Feuerwehr erfolgte, ist nicht korrekturbedürftig. Die Rechtsansicht der Beklagten, wonach durch die getroffene Vereinbarung die Haftung auch für allfällige Gebäudeschäden zur Gänze auf die freiwillige Feuerwehr übertragen worden sei, steht mit den Grundsätzen der Vertragsauslegung nicht in Einklang. Aus diesen Gründen war der Rekurs zurückzuweisen.
Mag. Tanja Müller-Poulakos, LL.M.