Klage gegen Zahnärztekammer wegen Stellenvergabe abgewiesen
Reihungskriterien-Verordnung bei Stellenvergabe entscheidend
Nach der Bewerbung des klagenden Zahnarztes um die Kassenplanstelle sowie eines weiteren Mitbewerbers, übermittelte die beklagte Zahnärztekammer einen Vorschlag mit der Erstreihung des Klägers an die damals noch zuständige Gebietskrankenkasse (BGKK). Diese reihte im Gegenvorschlag den Mitbewerber vor den Kläger mit der Begründung, dass der Mitbewerber schon früher in die Bewerberliste aufgenommen werde hätte müssen und dadurch auch eine höhere Punktezahl erhalten hätte. Entscheidung der beklagten Zahnärztekammer war nach nochmaliger Prüfung, dass sich diese mit der Erstreihung des Mitbewerbers einverstanden erklärte und dieser somit die Kassenstelle erhielt. Auf drei andere in nahe gelegenen Orten ausgeschriebene Kassenstellen bewarb sich der Kläger nicht, allerdings wäre er aufgrund der Punktezahl unstrittig zum Zug gekommen. Im konkreten Verfahren waren die Richtlinien der Reihungskriterien-Verordnung BGBl II 487/2022 anzuwenden.
Klagebegehren abgewiesen
Der Zahnarzt vertrat die Rechtsansicht, dass er bei richtlinienkonformer Auslegung und Reihung die Kassenstelle erhalten hätte und warf der beklagten Zahnärztekammer vor, diese hätte ihn rechtswidrig durch fehlerhafte Information am Erlangen der Kassenstelle gehindert. Die Ordination seines Vaters hätte er unentgeltlich übernehmen können, es wären keine größeren Investitionen notwendig gewesen und der Patientenstock wäre ihm vermutlich geblieben, weil ihm viele Patienten persönlich bekannt gewesen seien. All diese Vorteile hätte er bei Übernahme einer fremden Kassenstelle nicht.
Das Erstgericht stellte im zweiten Rechtsgang fest, dass zukünftige Schäden möglich und das Feststellungsinteresse daher zu bejahen sei. Das von der Beklagten konsultierte Berufungsgericht wies hingegen die Klage mit folgenden Begründungen ab:
- Höhe und Dauer eines aus der Verletzung von Reihungskriterien bei der Vergabe von Einzelverträgen resultierenden Schadens seien nicht unbegrenzt zuzuerkennen.
- Nach unterschiedlichen Lehrmeinungen ist der Ersatzanspruch auf das Erfüllungsinteresse auf drei bis sechs Monate zu beschränken bzw. steht er nur für den Zeitraum zu, bis zu dem der Arzt in einem anderen Bewerbungsverfahren eine Kassenstelle erlangt hätte. Ein Anspruch auf Übernahme einer bestimmten Kassenstelle besteht jedenfalls nicht.
Da der Kläger unstrittig mehrere Gelegenheiten hatte, eine andere Kassenstelle zu erhalten, habe er diese Folgen selbst zu vertreten und bestehen keine Ersatzansprüche gegen die Beklagte.
Aufgrund der fehlenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum Schadenersatzanspruch nach einem Fehler im Kassenstellenbesetzungsverfahren, ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision zu.
Revision nicht berechtigt
Für den OGH (8 Ob 140/22d) war die Revision des Klägers zwar zulässig, aber aus folgenden Gründen nicht berechtigt:
- Gegenstand der Revision ist die Frage, ob die vom Zahnarzt geschilderten Nachteile der nicht ermöglichten wirtschaftlich vorteilhaften Kassenstellennachfolge im Familienverband einen ersatzfähigen Schaden darstellen.
- Die Reihungskriterien sind rechtlich gesehen Schutznormen und dienen den Interessen der Versicherten und der Bewerber mit dem Ziel, dass der möglichst fachlich Bestqualifizierte den Kassenvertrag erhält. Auch wenn eine Schutznorm übertreten wurde, besteht eine Haftung für den Schaden nur insofern, als durch die Schutznorm genau dieser Schaden hätte verhindert werden sollen. Der Schutzbereich erstreckt sich nicht auf rein subjektive Interessen des Bewerbers, die bei der Reihung eben nicht berücksichtigt werden dürfen, z.B. die kostenlose Übernahme der Ordination oder die Nachfolge eines Familienmitglieds oder eine andere wirtschaftlich günstige Gelegenheit.
- Der OGH bestätigte zudem die Entscheidung des Berufungsgerichtes, dass die Ersatzpflicht für einen bei der Kassenvertragsvergabe zu Unrecht übergangenen Arzt spätestens mit dem Zeitpunkt endet, zu dem der Kläger eine andere zumutbare vergleichbare Kassenplanstelle hätte erlangen können.
- Da die Ansprüche bereits berechenbar gewesen wären, hätte der Kläger mittels Leistungsklage vorgehen müssen.
Keine Haftung der Zahnärztekammer
Im Ergebnis drang daher der klagende Zahnarzt mit seinem Feststellungsbegehren, dass die beklagte Zahnärztekammer für alle aufgrund des Nichtabschlusses dieses Kassenvertrages entstehenden Nachteile zu haften habe, nicht durch.
Mag. Barbara Hauer, LL.M., MBA