1. Gefährliche Infektionskrankheiten

Einleitung

Da die massiven Folgen, die mit Massenerkrankungen verbunden sind, nicht nur Einzelschicksale betreffen, sondern auch staatliche Kerninteressen, wie beispielsweise die Volkswirtschaft und die allgemeine Sicherheit, war die Volksgesundheit bereits früh ein staatliches Thema. Die Wurzeln einer Ordnung des Gesundheitswesens im Interesse der Erhaltung der Volksgesundheit lassen sich bis in die griechische Antike zurückverfolgen.
In Zeiten, in denen mangels medizinischer Kenntnisse ansteckende Krankheiten noch nicht wirksam kontrollierbar waren, war Mittelpunkt der Gefahrenabwehr der Erkrankte oder der Krankheitsverdächtige. Die staatliche Kontrolle und die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr richteten sich in aller Härte gegen die kranken und krankheitsverdächtigen Untertanen. Im 19. Jahrhundert gab es vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen, medizinisch-wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels Forderungen nach einem einheitlichen Volksseuchengesetz. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Ziel, einen wirksamen Schutz gegen die Entstehung übertragbarer Krankheiten aufzubauen, intensiv verfolgt. Wo das nicht möglich war, war die Ergreifung von Maßnahmen, die eine Weiterverbreitung dieser Krankheiten verhinderten, sicher zu stellen.
1913 wurde das erste Epidemiegesetz erlassen. Dieses erfasste aber Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten nicht. Das Tuberkulosegesetz wurde 1968, das Geschlechtskrankheitengesetz 1945 und nach Auftreten von AIDS in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts schließlich 1986 das AIDS-Gesetz erlassen.
Die Aktualität und Notwendigkeit der gewöhnlich als schlummernde Randmaterien wahrgenommenen Gesetze gegen gefährliche Infektionskrankheiten hat sich spätestens mit dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie 2020 bestätigt.

In Österreich gibt es kein Sanitätsrecht in Form einer Gesamtkodifikation. Der Grund dafür liegt in den verfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen.
Die gesetzlichen Regelungen betreffend die Gesundheitsversorgung und die Sanitätsverwaltung befinden sich in mehreren Gesetzen. Sanitätsrecht umfasst insbesondere die Regelungsbereiche der Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes, des Sanitätspersonals, der Sanitätsanstalten, der Sanitätspolizei, des Gesundheitsschutzes, des Leichen- und Bestattungswesens, des Gemeindesanitätswesens, des Rettungswesens, etc.

 

Das Sanitätsrecht verfolgt zwei Leitgedanken: Einerseits den Gesundheitsschutz zur Erhaltung der Volksgesundheit und andererseits die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.

 

Eine wichtige Rolle spielen die Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO. Diese werden auf Basis der Satzung der WHO zum Schutz vor globalen Ereignissen, die für die öffentliche Gesundheit relevant sind, erlassen. Ziel ist der Schutz vor der internationalen Ausbreitung von Krankheiten durch geeignete Maßnahmen. Diese Gesundheitsvorschriften und -regeln richten sich an die Mitgliedstaaten, die ihrerseits aufgerufen sind, die Internationalen Gesundheitsvorschriften zu ratifizieren und innerstaatlich umzusetzen. Österreich hat die Internationalen Gesundheitsvorschriften der WHO ratifiziert.

 

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